Presseerklärung zum Urteil im Prozess wegen "Sexuellen Missbrauchs an widerstandsunfähigen Personen" gegen den ehemaligen Hausmeister eines Flüchtlingsheimes in Nürnberg.
Schluss mit der rassistischen und sexistischen Gewalt gegen Flüchtlinge in Lagern!
Erfolg trotz Freispruch: Die Wahrheit kam ans Licht!
Nach dem Freispruch des Polizisten, der wegen des Todes von Oury Jalloh in Dessau angeklagt war, schockiert uns dieses rassistische Urteil nicht.
Der Glaube an die Gerechtigkeit in die deutsche Justiz in punkto rassistischer Gewalt gegen Flüchtlinge ist sowieso nicht vorhanden. Dennoch sehen wir die beiden Prozesstage und den damit verbundenen Protest als Erfolg an. Selbst in der 30 minütigen Urteilsverkündung und im Plädoyer des Verteidigers des Täters wurde auf die unerträgliche Situation in Flüchtlingsheimen hingewiesen: "Die Zustände sind desorganisiert" und es könne nicht angehen, dass die Hausmeister über die Zimmerbelegung allein zu entscheiden hätten.
Die Privatsphäre der ca. 8000 Flüchtlingen in den über 150 Lagern in Bayern ist nicht gewährleistet, da zugegeben wurde, dass die Hausmeister über Generalschlüssel verfügen, mit denen sie jederzeit - auch nachts- die Zimmer der Menschen aufsperren können.
Die Staatsanwältin bewertete die Aussage der betroffenen Frau als glaubwürdig. Diese berichtete am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit fast zwei Stunden über die sexuellen Belästigungen, verbal wie körperlich- und schließlich auch über die beiden Vorfälle, als sie schlief und der Hausmeister in ihr Zimmer kam und sie vergewaltigte. Die Staatsanwältin bewertete die eine Nacht als "sexuellen Missbrauch an widerstandsunfähigen Personen" und den anderen Überfall als Vergewaltigung und forderte vier Jahre Freiheitsstrafe. Sie sah auch keinerlei Motivation seitens des Opfers, dem Hausmeister aus Rache oder um im Asylverfahren Vorteile daraus zu ziehen, eine derartige Geschichte sich auszudenken.
Die Anwältin des Opfers betonte wie schwer es ist über das Thema sexueller Gewalt in der Öffentlichkeit zu sprechen. Auch deutsche Frauen würden nur selten eine Anzeige wegen Vergewaltigung stellen.
Obwohl im Fall der sexuellen Angriffe im Nürnberger Flüchtlingsheim drei glaubhafte ZeugInnen mit ihren Aussagen die Darstellung der betroffenen Frau stützten, sprach das Nürnberger Gericht am Donnerstag, den 15.01.2009 den Täter frei.
Was wäre eigentlich gewesen wenn das Opfer eine weiße Angestellte der Regierung von Mittelfranken und der Täter ein schwarzer "Asylbewerber" gewesen wäre? Wie sieht es dann mit der Glaubwürdigkeit aus? Wem wird dann mehr geglaubt?
Außerdem wissen wir, dass es keinerlei rechtlichen Vorteile für Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Vergewaltigung gibt, die oft nach ihren Zeug[Inn]enaussagen gleich abgeschoben werden. Die in diesem Fall betroffene Frau hat in ihrem Asylprozess niemals die jahrelangen sexuellen Übergriffe und Demütigungen erwähnt. Es ist Rassismus von Seiten des Anwaltes und des Richters der Betroffenen vorzuwerfen, sie hätte ihr Asylverfahren durch diesen Prozess beeinflussen wollen, wo sie erst vor einigen Monaten durch ihren Anwalt eine Beschleunigung des Verfahrens einforderte. Soll sie nun aus Deutschland fliehen und woanders um Asyl bitten, weil es in deutschen Lagern keinen sicheren Ort vor sexistischer und rassistischer Gewalt gibt und Deutschland Flüchtlingsfrauen statt Schutz vor Vergewaltigern, vor denen sie aus ihren Herkunftsländern geflohen sind, erneut Vergewaltiger anbietet?
Der Täter drohte ihr immer mit den Worten: "Dir glaubt sowieso niemand, weil du aus Afrika bist und ich bin ein Deutscher" - hat er damit recht behalten? NEIN!!
Denn eine große Öffentlichkeit hat nun über die entwürdigenden Zustände in den Lagern erfahren und es gab eine breite Unterstützung.
Wir haben im Prozess erfahren, dass ein Zivildienstleistender aussagt, er habe in der ZAST in Zirndorf mit eigenen Augen die Belästigung einer äthiopischen Frau in ihrem Zimmer seitens des Wachpersonals erlebt. Stoppt die Gewalt gegen Flüchtlingsfrauen in allen Unterkünften!
Verantwortlich für die Zustände in den Flüchtlingsunterkünften und Lagern in der Region Nürnberg ist die Regierung Mittelfrankens. Sie trägt somit die Schuld daran, dass trotz wiederholter Beschwerden in der Vergangenheit Flüchtlingsfrauen scheinbar problemlos sexuell belästigt, erpresst und vergewaltigt werden können. Wir fordern die Verantwortlichen der Regierung von Mittelfranken auf, Konsequenzen zu ziehen und zunächst die Täter umgehend zu entlassen.
Die Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen Nürnberg