Ein Jahr nach Inkraftreten des Bleiberechts- gesetzes ziehen NGOs Bilanz. Nach einem Jahr Anwendung in der Praxis zeigt eine Bericht zahlreichen mit Fallbeispielen Schwachstellen auf. Nachbesserungen gefordert.
Ein Jahr gilt nun die neue Bleiberechts-Regelung. Nachdem Verfassungsgerichtshof und Nichtregierungsorganisation monatelang auf eine Neuregelung des humanitären Aufenthalts im Fremdenrecht gedrängt hatten, traten die neuen Bestimmungen am 1. April 2009 in Kraft.
Zum Jahrestag ziehen Flüchtlings-NGOs in einem umfassenden Bericht, der von Integrationshaus, Diakonie, asylkoordination österreich, Volkshilfe und SOS-Mitmensch erstellt wurde, Bilanz und fordern zahlreiche Nachbesserungen. Die Anwendungs-Praxis habe zahlreiche Schwachstellen des Regelwerkes zu Tage gefördert, berichten die Betreuungsorganisationen.
Bis 1.März 2010 wurden laut der veröffentlichten Statistik des BMI in 1254 Fällen positiv entschieden. Hochgerechnet auf ein Jahr bedeutet dies ca. 1400 positiv erledigte Fälle, wobei die tatsächliche Zahl höher liegen dürfte, aufgrund von Zeitverzögerungen in der statistischen Erfassung. Bei den positiv abgeschlossenen Anträgen haben zwei Drittel eine unbeschränkte Niederlassungsbewilligung erhalten, für ein Drittel wurde eine Niederlassungsbewilligung beschränkt erteilt. Lediglich 22 Personen erhielten nach der Altfallregelung eine Niederlassungsbewilligung. In etwa 70 Fällen wurde negativ entschieden, wobei das Innenministerium nur einen Bruchteil der ablehnenden Entscheidungen erfasst.
Positiv wird im Bericht hervorgehoben, dass Menschen, die auf Grund ihres Rechts auf Privat- und Familienlebens nicht ausgewiesen werden dürfen, jetzt von Amts wegen eine Niederlassungsbewilligung erhalten. Damit wurde eine kuriose Lücke geschlossen, die vor Abschiebung geschützten Menschen einen legalen Aufenthalt verwehrte.
Besonders kritisiert wird im Bericht die so genannte Altfallregelung für Asylsuchende, die seit mindestens 1. April 2004 im Land sind. Die Hürden für diese Regelung würden sich in der Praxis als kaum überwindbar erweisen, bisher hätte die Innenministerin lediglich für 22 Personen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt.
Die obligatorische Patenschaft, Diskriminierung beim Arbeitsmarktzugang und willkürliche Aufenthaltsverbote seien die häufigsten Hindernisse. Im Bericht wird dies etwa mit dem Fall der Familie Durmisi aus Röthis/Vorarlberg illustriert.
Über den Vater der kosovarischen Familie wurde von den deutschen Behörden ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen, weil dieser seine in München lebende Mutter besuchte. Ein Aufenthaltsverbot stellt für das Bleiberecht ein absolutes Erteilungshindernis dar, Anträge werden gar nicht erst entgegen genommen.
Empfehlungen
* Abschiebeaufschub während des Verfahrens:
Das verfassungsrechtlich vorgesehene Recht auf Verbleib im Bundesgebiet ist nur dann effektiv gewährleistet, wenn keine Abschiebung droht. Seit Mai 2004 sind negative Asylbescheide mit einer Ausweisung verbunden; mit deren Rechtskraft geht auch eine vorhandene Beschäftigungsbewilligung und damit die Erteilungs-Voraussetzung "Selbsterhaltungsfähigkeit" verloren.
* Zugang zum Arbeitsmarkt:
Personen, denen ein humanitärer Aufenthaltstitel gewährt wird, werden ihr weiteres Leben aller Voraussicht nach in Österreich verbringen. Ein uneingeschränkter Zugang zur Erwerbstätigkeit ist daher unbedingt notwendig.
* Generelles Bleiberecht nach 5 Jahren:
Weiterhin wird eine unbürokratische Stichtagsregelung angeregt. Menschen, die fünf Jahre im Land sind und kein Aufenthaltsrecht besitzen sollen ohne weitere Voraussetzungen ein Bleiberecht erwerben können.
Bericht als pdf Download: :: Ein Jahr "Bleiberecht". Eine Analyse mit Fallbeispielen
Artikel übernommen von :: asyl.at, 31. Mar 2010