'Wir fordern den unverzüglichen Stopp aller Abschiebungen, die sofortige Freilassung aller in Libyen und anderswo inhaftierten MigrantInnen und die die Zurückerstattung unserer Besitzgegenstände oder eine angemessene Entschädigung.'
Wir, die 149 MalierInnen, die am 3. Mai 2010 aus Libyen abgeschobenen wurden, verfassen diese Erklärung mit der Unterstützung der Association Malienne des Expulsés (AME) und des Mouvement des Sans Voix. Nachdem wir zwischen einem und zehn Jahren in Libyen gelebt und in den unterschiedlichsten libyschen Wirtschaftssektoren gearbeitet haben, wurden wir wie Kriminelle in unseren Unterkünften in Libyen aufgegriffen und während mehrerer Monate in unterschiedlichen libyschen Gefängnissen inhaftiert. Während unserer Inhaftierung haben wir physische und psychische Folter sowie Hunger erlitten. Mit uns waren tausende weiterer MigrantInnen verschiedenster Nationalitäten (Senegal, Guinea, Elfenbeinküste, Tschad, Kamerun, Nigeria, Ägypten, Marokko, Algerien) denselben Qualen ausgesetzt. Sie sind nach wie vor in Libyen inhaftiert.
In Bamako wurden wir mit äußerster Kälte und Misstrauen empfangen: Über hundert Polizisten, Sicherheitsbeamte und Feuerwehrmänner erwarteten uns mit Knüppeln und Tränengas bewaffnet am Flughafen Bamako-Senou, als wären wir VerbrecherInnen. Wir fühlen uns von den PolitikerInnen alleine gelassen. Zurzeit sind wir in ganz Bamako zerstreut, viele von uns sind obdachlos. In Libyen wurden wir unseres Besitzes (Geld, Sachgegenstände) beraubt und erfahren hier keine Unterstützung. Wir denunzieren das Polizeiregime in Libyen, das sich als Grenzwächter in den Dienst der Europäischen Union stellt.
Wir prangern ebenso die xenophobische und rassistische Politik der Europäischen Union an (Frontex, Rückkehrrichtlinie, Rückübernahmeabkommen), welche die Quelle von Repression und Ungleichheit ist. Wir berichten hiermit der malischen Regierung, der afrikanischen und der internationalen Gemeinschaft, dass mehr als 10.000 MigrantInnen in libyschen Gefängnissen inhaftiert sind. Sollten keine politischen Interventionen erfolgen, um diese unerträgliche Situation zu beenden, wird damit der Tod der Inhaftierten in Kauf genommen. In den Gefängnissen, in denen wir inhaftiert waren - Sabah, Barack, Guessan Benghazirif und Albarkati - werden "die MigrantInnen" unter schrecklichen Bedingungen festgehalten. Unsere Regierungen und die Botschaften der Staaten Subsahara-Afrikas antworten mit vollkommener Gleichgültigkeit auf diese katastrophale Entwicklung. Wir denunzieren das Schweigen der malischen Behörden gegenüber den eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die täglich in libyschen Gefängnissen verübt werden.
Wir fordern:
- Den unverzüglichen Stopp aller Abschiebungen in Afrika und Europa;
- Die sofortige Freilassung aller in Libyen und anderswo inhaftierten MigrantInnen;
- Die Zurückerstattung unserer Besitzgegenstände oder eine angemessene Entschädigung
Bamako, 13. Mai 2010
Für die 149 Abgeschobenen aus Libyen:
Satigui S. und die anderen Abgeschobenen
ErstunterzeichnerInnen: Mouvement des Sans Voix Mali, Association Malienne des Expulsés
Quelle :: medico.de, 03. Mai 2010