Der Tod von Alex löste diverse Protest- aktionen aus, sowohl ausserhalb des Gefängnisses als auch innerhalb. Mit teils drastischen Konsequenzen für die Häftlinge.
Der Schock über den Tod von Alex (richtiger Name ist augenauf bekannt) war gross. Die Angestellten des Ausschaffungsgefängnisses wurden am Donnerstagmorgen des 18. März 2010 über die fatalen Geschehnisse des Vortags informiert, kurz bevor die Medienmitteilung verschickt wurde. Man hielt es nicht für nötig, die Inhaftierten offiziell zu benachrichtigen, auch nicht jene, die beim tödlich endenden Ausschaffungsversuch dabei gewesen waren. Sie alle erfuhren aus dem Fernsehen vom Tod ihres Mithäftlings. Erst nachdem die Inhaftierten einen Brief an den Gefängnisleiter Hans-Rudolf Gerber geschrieben hatten, informierte dieser zwei Tage nach dem Tod von Alex die Gefangenen auf den verschiedenen Stockwerken. Bereits am Vortag hatten sich einige Häftlinge aus Protest gegen den Tod von Alex geweigert zu essen, nun schlossen sich weitere dem Hungerstreik an und fast niemand nahm mehr Nahrung zu sich. Ein Teil von ihnen zog den Hungerstreik fast eine Woche, bis zum darauf folgenden Mittwoch, durch.
Todesnachricht aus den Medien
Wie die Gefangenen erfuhren auch diverse AktivistInnen am Donnerstag aus den Medien vom Tod «eines 29-jährigen Nigerianers» bei einem Ausschaffungsversuch. Nur eine Stunde nach dem Demo-Aufruf per SMS zogen rund siebzig Leute gegen 21 Uhr vor das Flughafengefängnis Kloten, um ihre Solidarität mit den Inhaftierten zu bekunden. Die Stimmung unter den Häftlingen war sehr aufgewühlt. Sie riefen aus den Fenstern, um zu erzählen, was geschehen war, und schlugen immer wieder die Fensterflügel zu, um durch den Lärm ihren Zorn auszudrücken. Bei einer weiteren Demonstration mit 150 Leuten am folgenden Sonntag kommunizierten einige Häftlinge mit den DemonstrantInnen ebenfalls durch lautes Rufen aus den vergitterten Fenstern, nicht ahnend, was das für Konsequenzen haben sollte.
Versetzung der «Rädelsführer»
Nur wenige Tage darauf wurden sechs Häftlinge von Kloten in andere Gefängnisse verlegt - nach Witzwil, Altstetten (SG), Chur und ins Regionalgefängnis Bern. Darunter auch derjenige Häftling, der am längsten mit den DemonstrantInnen gesprochen hatte, sowie ein Mann, der bereits seit über zwanzig Jahren in der Schweiz lebt. Alle sechs waren sehr gut unter den Gefangenen vernetzt gewesen, da sie schon lange in Ausschaffungshaft sassen. Es ist eine wohlbekannte Strategie, vermeintliche «Rädelsführer» auszuschalten und in diesem Fall in ein anderes Gefängnis zu verlegen, um Protestaktionen zu brechen. Obwohl die Ausschaffungshaft als Administrativhaft bezeichnet wird, die den Inhaftierten (wenn auch nur in beschränktem Rahmen) einige Freiheiten gewährt, wurden die Betroffenen im Regionalgefängnis Bern wie Untersuchungshäftlinge gehalten: sie waren den ganzen Tag in einer Einzelzelle ohne Fenster eingesperrt, hatten nur eine Stunde Hofgang pro Tag und keine Möglichkeit, ihre Kleider zu waschen. Mittlerweile befinden sich drei der sechs Verlegten in Witzwil, die drei anderen wurden freigelassen, weil die zulässige Maximaldauer für die Ausschaffungshaft abgelaufen war.
Artikel von augenauf Zürich, zuerst erschienen in augenauf Bulletin Nr. 65; Juni 2010, :: augenauf.ch