Keine Schubhaft! Keine Abschie- bungen! Gegen die Umwandlung des Integrationsheims in der Nussdorfer Straße in ein Abschiebezentrum demonstrierten am 19. April 2012 rund 200 Personen.
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In dem von engagierten Mitarbeiter_innen geführten Haus in Wien konnten früher anerkannte Flüchtlinge wohnen. Laut Auskunft eines Mitarbeiters des Flüchtlingsdienstes ist dieses Projekt von Innenministerium und Integrationsfonds vor rund einem Jahr gestoppt worden. Nun werden Menschen gegen ihren Willen in das Haus quartiert, um sie dazu zu drängen, das Land "freiwillig" zu verlassen oder sie abzuschieben.
Ab Anfang März stellte das Innenministerium mindestens 33 Personen in Wien Bescheide zu, dass sie aus der :: Grundversorgung entlassen werden und sich in das ehemalige Flüchtlingsheim in der Nussdorfer Straße 23 einzufinden hätten, ihren Aufenthalt zu nehmen und sich täglich in der Polizeistation Lichtenthaler Gasse melden müssen. Falls sie dem nicht folge leisten, wurde ihnen Schubhaft angedroht. Ziel dieser Aktion ist laut Fremdenpolizei, die Menschen abzuschieben - obwohl bei den meisten nicht klar ist, ob eine Abschiebung überhaupt durchführbar ist und viele einen Antrag auf Aufenthalt gestellt haben.
Die Flüchtlinge, deren Asylanträge abgelehnt wurden, lebten bereits in der prekären Situation der Grundversorgung. Die nun verfügten Bescheide zielen vermutlich darauf hin, sie zur "freiwilligen Ausreise" zu drängen. Um dies zu erreichen, werden die Menschen noch mehr unter Druck gesetzt und ihnen das Leben schwerer gemacht. Eine dieser Schikanen ist der Entzug der bisherigen Wohnplätze - teils bei Familienangehörigen, teils in gut betreuten Heimen. Damit übertreten Innenministerium und Fremdenpolizei klar ihre Kompetenzen, da sie nicht befugt sind, Menschen aus der Grundversorgung zu entlassen.
In der Nussdorfer Straße müssen sie in Fünf- oder Sechsbettkammern wohnen und sich täglich bei der Polizei melden - ein sogenanntes "gelinderes Mittel", wie diese Maßnahme bezeichnet wird, die alternativ zur Schubhaft verhängt werden kann. Für die Abschiebebehörden spielt es keine Rolle, ob bei der MA 35 Anträge auf Aufenthaltstitel gestellt wurden, über die noch nicht entschieden wurde. Offensichtliches Ziel ist, Menschen zu schikanieren und möglichst schnell abzuschieben. Insgesamt wohnen in dem Haus in der Nussdorfer Straße 23 ca. 150 Menschen. Während laut Asyl in Not der dritte Stock als Abschiebezentrum dient, werden in den anderen Stockwerken Menschen untergebracht, die sich im Zulassungsverfahren zu Asylverfahren befinden. Dieses hätten sie eigentlich in einer der Erstaufnahmestellen abzuwarten. Da es zwischen Innenministerium und den zuständigen Ländern Niederösterreich und Oberösterreich bzw. den Gemeinden :: Traiskirchen und St. Georgen (:: Thalham) ein Abkommen gibt, mit dem eine Höchstzahl der dort untergebrachten Flüchtlinge festgelegt wurde, werden seit etwa einem Jahr vermehrt Flüchtlinge während des Zuslassungsverfahrens in anderen Unterkünften untergebracht. Dass dazu ein Haus dient, in dem sich ein Abschiebezentrum befindet, zeugt einmal mehr vom rassistisch motivierten und willkürlichen Vorgehen der Behörden - und keinesfalls auf einen sensiblen Umgang mit Flüchtlingen.
Systematik
Die Vorgänge rund um das und im ehemaligen Integrationshaus in der Nussdorfer Straße sind kein Einzelfall. Nach zahlreichen Protesten gegen die von bewaffneten Polizeihorden durchgeführten Abschiebungen von Familien mit Kindern Ende 2010 wurde vom Innenministerium das :: Abschiebezentrum Zinnergasse in Wien Simmering in Betrieb genommen. Mittlerweile wurde dieses umgebaut und dient neben der bis zu 48 Stunden dauernden Festhaltung von Familien vor der Abschiebung zur Unterbringung von Menschen in "gelinderen Mitteln".
Eine weitere Haftanstalt, in der laut offiziellen Informationen zur Anhaltung von Familien mit Kindern geplant ist, wird :: in Vordernberg, Steiermark errichtet. Nachdem es zu einigen Verzögerungen gekommen ist, wurde mittlerweile mit dem Bau begonnen und nach derzeitigen Informationsstand soll das Gefängnis bis Ende 2013 in Betrieb genommen werden.
Vieles deutet darauf hin, dass die Behörden dabei sind, die Infrastruktur für groß angelegte Abschiebeaktionen zu errichten. Die Kundgebung in der Nussdorfer Straße war nur ein Protest gegen diese Entwicklungen. Zahlreiche Flüchtlinge, die in dem Abschiebezentrum zwangsuntergebracht sind, beteiligten sich an dem Protest, mehrere von ihnen hielten Redebeiträge. Darin verdeutlichten sie, dass sie nicht gewillt sind, freiwillig zu gehen. Sie forderten die Einhaltung der Menschenrechte und eine würdige Behandlung.