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[ 24. Sep 2012 ]

Haft für Flüchtlinge

Erneut restriktive EU-Regelungen für Flüchtlinge. asylkoordination österreich zeigt sich in einer Aussendung vom 24. September 2012 entsetzt über Beschluss des EU-Parlamentsausschusses.

 

Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des Europaparlaments (LIBE) im EU-Parlament hat am 19.9.2012 die Entwürfe zur Neufassung der EU-Aufnahmebedingungenrichtlinie und der Dublin-II-Verordnung gebilligt. Die Rechtsakte stehen nun im Plenum zur Abstimmung an. Die Neufassung der beiden EU-Richtlinien bestätigt einmal mehr den Restriktiven Charakter, den die EU-Asylpolitik in den letzten Jahren angenommen hat.

Zwar gibt es auch punktuelle Verbesserungen, es überwiegen aber restriktive Aspekte: Neue Möglichkeiten des Freiheitsentzuges für AsylwerberInnen sowie eine Festschreibung der menschenrechtlich bedenklichen, menschliches Leid und Kosten verursachenden Dublin-III-Verordnung.

"Es ist skandalös, dass jetzt tatsächlich beschlossen wird, dass AsylwerberInnen in Schubhaft genommen werden können", kritisiert Anny Knapp, Obfrau der asylkoordination österreich, die vergangene Woche im zuständigen Unterausschuss des EU-Parlaments (LIBE) abgesegnete Kompromisslösung. "Von den Verbesserungen des ursprünglichen Vorschlags der Kommission ist kaum etwas übrig geblieben. Da haben sich die restriktiven Positionen der Nationalstaaten und ihrer Innenminister[Innen] gegen die Humanität und den gesunden Menschenverstand durchgesetzt."

Harsche Kritik erregte schon im Vorfeld die Möglichkeit, zukünftig AsylwerberInnen in Haft zu nehmen. Formulierungen wie "wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich ist" ermöglichen die flächendeckende Inhaftnahme von Flüchtlingen, befürchten NGOs.

Zudem ist es unter gewissen Voraussetzungen auch möglich, minderjährige Flüchtlinge in Haft zu nehmen. Begründet wird dies damit, dass es in offener Unterbringung öfters zu "Entführungen" komme und daher die Inhaftnahme der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen zu ihrem Wohle geschehe.

Bezüglich des Zugangs zum Arbeitsmarkt für AsylwerberInnen während des Asylverfahrens wird die reformierte Richtlinie kaum Verbesserungen bringen. Zwar "müssen die Mitgliedsstaaten sicher stellen", dass AsylwerberInnen nicht länger als neun Monate, nachdem sie einen Asylantrag gestellt haben, vom Arbeitsmarkt fern gehalten werden, aber "aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik" können weiterhin faktische Arbeitsverbote (wie in Österreich) verhängt werden.

Im Falle der Dublin-Verordnung, die andauernd für Härtefälle und vermeidbare Kosten bei der Zurückschiebung von AsylwerberInnen in andere EU-Staaten sorgt, spricht sich die asylkoordination österreich weiterhin für eine weitestgehende Abschaffung aus. "Dublin II ist nicht reformierbar", bringt Knapp den Standpunkt vieler NGOs auf den Punkt. "Die Flüchtlinge sollen selbst entscheiden können, in welchem Land sie um Asyl ansuchen."

Die endgültige Beschlussfassung muss nun im EU-Parlament erfolgen. "Wir glauben zwar nicht, dass sich bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen noch viel verhindern lässt, aber wir werden alle EU-Abgeordneten informieren, was sie mit dem Beschluss diesen Richtlinien zu verantworten haben", kündigt die Obfrau der asylkoordination die Weiterführung der von der deutschen NGO initiierten Kampagne "Schlüssel nach Brüssel" an.