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[ 09. Aug 2013 // letzte änderung: 31. Aug 2013 ]

Abschiebungen, erfundene Anschuldigungen, Kriminalisierungen: Ist plötzlich jedes Mittel recht?

Solitätsdemonstration in Eisenstadt am 31. Juli 2013.

Tausende fordern einen Stopp der Abschiebungen und die Rückkehr der aus Wien abgeschobenen Aktivisten des Refugee Protests. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Proteste und kritisiert die rassistische Hetze von Polizei und Medien.

 

Dienstag, 30. Juli 2013 um 18 Uhr war es Gewissheit. Alle acht am Sonntag zuvor festgenommenen Refugees aus dem Servitenkloster sind abgeschoben. Bis dahin wurde noch vor dem PAZ Rossauer Lände und am Flughafen versucht, einzugreifen, wurde versucht, die Refugees zu retten (siehe https://linksunten.indymedia.org/de/node/91571).



Am Flughafen wurden Passagier_innen infrage kommender Flüge über die Abschiebungen und die Möglichkeiten, sie als Passagier_in zu verhindern, informiert.
Bei zumindest vier Flügen hat es auch tatsächlich Proteste von Reisenden gegeben. Verhindert konnten die Abschiebungen damit aber nicht werden (siehe Interview auf http://fm4.orf.at/stories/1722271/). Die solidarischen Passagier_innen wurden von der Polizei aus dem Flugzeug geholt oder verließen es freiwillig. Eine Passagierin wurde bis in den späten Abend von der Polizei festgehalten.
Mit welchen Flügen die Refugees einzeln oder in kleinen Gruppen abgeschoben wurden, blieb bis zuletzt unklar. Von der Möglichkeit, sich zumindest verabschieden zu können, konnte keine Rede sein.

Während die Abschiebungen noch im Gange waren, nahm die Polizei vermutlich fünf Personen wegen des Vorwurfs der sogenannten Schlepperei fest. Drei von ihnen waren Refugees aus dem Servitenkloster. Die Inszenierung war perfekt. Mit diesen Beschuldigungen konnte der öffentliche Diskurs von Menschenrechtsfragen auf Kriminalität verschoben werden. Worauf sich die Anschuldigungen stützen, blieb ebenso unbeantwortet wie die Frage, wieso sie just zu diesem Zeitpunkt zu Festnahmen führten, als sich die öffentliche Meinung auf die Seite der Refugees zu schlagen drohte.
Bei manchen Aktivist_innen wurden Erinnerungen an die Operation Spring wach. Damals, 1999, wurden zahlreiche Aktivisten der Protestbewegung gegen die polizeiliche Tötung von Marcus Omofuma in der größten kriminalpolizeilichen Aktion seit 1945 als Drogenhändler verhaftet. Als Beweise dienten falsch übersetzte Abhörprotokolle, anonymisierte Zeugen, die ihre Aussagen teilweise selbst wieder zurückzogen, ohne dass dies Folgen auf die Verurteilung hatte. Grundrechte schienen außer Kraft gesetzt. Polizei, Justiz, Politik, Massenmedien - alle spielten mit. (Zur Erinnerung: http://no-racism.net/rubrik/160, aktuelle Analyse: https://linksunten.indymedia.org/de/node/91693)

Das vielstrapazierte Schlagwort von der Unschuldsvermutung scheint für die Refugees im medialen Diskurs nicht zu gelten.

Spätestens jetzt schlägt der Bericht in einen Kommentar um:

Die Frage aufzuwerfen, was daran verwerflich sein soll, anderen Menschen bei der Flucht vor Unterdrückung und Tod zu helfen, scheint in diesem Kontext schon gar nicht möglich. Selbst nicht-kommerzielle Fluchthilfe ist mit Kosten verbunden, die abgedeckt werden müssen. Ist es nicht schön, wenn es Leute gibt, die anderen damit das Leben retten? Was sind das für Menschen, die das nicht tun, oder gar kriminalisieren?
(Alt aber gut: Interview mit Fluchthelfer_innen in TATblatt + 120/121/122/123 aus dem Jahr 1999: http://tatblatt.net/120fluchthelferinnen.htm)

Wie aber kann so argumentiert werden, ohne Gefahr zu laufen, dass die an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe gegen Refugees im Servitenkloster dadurch für manche plausibel klingen?

Fest steht: Vonseiten der Politik und Behörden wird gelogen, dass sich die Klosterbalken biegen. Die Fremdengesetze sind menschenverachtend. In der Asylpraxis werden selbst diese Gesetze noch zuungunsten der Schutzsuchenden missachtet. Warum sollte noch irgendeinem Vorwurf Glauben geschenkt werden? Warum sollte irgendeines der Fremdengesetze zum Maßstab für Recht oder Unrecht dienen?

Die Polizei kündigt weitere Festnahmen und weitere Abschiebungen an.

Zumindest 1100 Menschen demonstrierten am Abend des 30. Juli in Wien gegen den Wahnsinn. (Siehe Bericht auf http://nochrichten.net/?p=1506, Bilder auf :: shabka.org)


Die Proteste gehen weiter

Eine kleiner Überblick, zusammen gestellt von no-racism.net:

Am Nachmittag 31. Juli 2013 demonstrierten mehrere Unterstützer_innen lautstark in Eisenstadt, Burgenland. Die Protestaktionen richteten sich gegen die laufende Repression gegen Refugees und die akute Abschiebegefahr, siehe: https://linksunten.indymedia.org/de/node/91724



Unterstützer_ innen des Refugee Protest Camp Vienna haben eine Petition gegen die Abschiebungen von Aktivist_nnen nach Pakistan und in andere Länder initiiert, die innerhalb kurzer Zeit von 3,086 Menschen unterzeichnet wurde. Eine upgedatete Version vom 31. Juli 2013 - nach den Abschiebungen von 8 Aktivisten, wurde binnen kurzer Zeit von weiteren 1000en Menschen unterzeichnet. Sie fordern einen Stopp der Abschiebungen und die Rückkehr der Abgeschobenen.
Mehr auf http://no-racism.net/article/4487


Eine Chronologie der Proteste im August 2013 findet sich auf http://no-racism.net/article/4512






Termine zum Vormerken:


31. August 2013: 15.00 Uhr, Jango Edwards performing for Refugee Protest Camp @ Servitenkloster, Müllnergasse 6, 1090 Vienna
"Jango Edwards, founder of the "Nouveau Clown" movement, is one the most successful contemporary comedians worldwide. Born in the USA, he has performed all over the planet. He has been persecuted by Homeland Security and lives as a refugee without official passport in Spain. His famous provocative acts are devoted to freedom, love and crossing the limits of conventions. He does not want to understand the sense of borders and offers humour and smile as "a weapon of mass construction".
On behalf of COMICODEON - Die Komikagentur he is performing as the leading star of the International Clown Festival of Vienna. As he knew from Refugee Protest Camp, he immediately offered to do a free show in solidarity with the Refugees in Servitenkloster. This is a unique chance to see one of the most famous international clowns in an improvised act. Come and bring your friends to enjoy quite a different approach to political solidarity - through humour."


31.8. - 1.9.2013: Soli-Stand des Refugeeprotest am Volksstimmefest (Prater) mit Buffet und aktuellen Infos zum Refugee Protest!
Info auf :: refugeecampvienna.noblogs.org

6. September 2013: Filmabend :: "Operation Spring" im/vor dem Servitenkloster mit Diskussion

10. September 2013: Demonstration, Treffpunkt 17:00 Uhr beim Schubhäfn Rossauerlände (U4), 1090 Wien

19. - 29. September 2013: die "Grenzstation NoborderZone" im Rahmen von Rebelodrom am Karlsplatz

20. September 2013: 16.00, Großdemonstration.
16:00: Treffpunkt Ecke Mariahilfer Straße / Museumsquartier beim :: Marcus Omofuma Stein.
18:30: Schlusskundgebung & kreative Aktionen vor dem Abschiebegefängnis Rossauer Lände.
Aufruf auf deutsch und englisch auf :: refugeecampvienna.noblogs.org

27. - 29. September 2013: Transnationales Sozialforum im Rahmen der :: Wienwoche 2013

1. Oktober 2013: Demonstration, Treffpunkt 17:00 Uhr beim Schubhäfn Rossauerlände (U4), 1090 Wien

:: Update mit weiteren Terminen hier ...

Quellenangabe Artikel von :: nochrichten.net/?p=1518 vom 31. Juli 2013, mit Ergänzungen zur aktuellen Entwicklung von no-racism.net. Weitere Quellen :: refugeecampvienna.noblogs.org, :: linksunten.indymedia, Facebook, no-racism.net.