no-racism.net logo
 
 

[ 03. Jun 2015 ]

Von Aufklärer_innen und Vertuscher_innen

 Folterungen durch die Firma SKI, die als Subunternehmen für die Firma European Homecare tätig war.

Demnächst soll einmal mehr in Dortmund aufgeklärt werden. Nach dem Auftritt des ersten "BLACKBOX NSU" am 21. Mai 2015 will das "CORRECT!V." um David Schraven am 21. Juni 2015 zu einer zweiten Talkrunde im Dortmunder Schauspielhaus laden.

 

Kuratiert wird das Ganze von dem Dramaturgen am Dortmunder Schauspielhaus Alexander Kerlin und dem Chefredakteur der Wohnungslosenzeitung BoDo e.V. Bastian Pütter. Nach "BLACK BOX ABSCHIEBUNG" und "BLACKBOX FLUCHT" wird auch diese Veranstaltung vom Unternehmen European Homecare unterstützt.

Noch vier Tage vor ihrem ersten Dortmunder Auftreten als "Flüchtlingsversteher_innen" am 9. Dezember 2014 ließ die sonst in Abschiebegefängnissen und Flüchtlingslagern tätige Firma in der Stadt Essen die Polizei auffahren. Antirassistische Gruppen hatten ihren Protest gegen die Behandlung von Flüchtlingen durch European Homecare mit einer Besetzung der Bundeszentrale zum Ausdruck gebracht. Die Zeit war also reif, das Image professionell aufzupolieren, nachdem in den drei vorhergehenden Monaten die Behandlung und Unterbringung in den European Homecare-Lagern als "Wie in Guantanamo" durch die Presse ging. Beihilfe zur Abschiebung, menschenunwürdige Unterbringung, Übergriffe und Misshandlungen mit kooperierenden Wachdiensten, etc. bestimmten die Schlagzeilen der regionalen und überregionalen Presse. So kam die Kooperation mit BoDo e.V., dem Schauspielhaus, den Ruhrbaronen und "CORRECT!V." nur recht, um das angekratzte Image aufzupolieren und sich 'rein zu waschen'.

Am 9. Dezember 2014 machte der sich kritisch gebende Radioreporter Miltiadis Oulios, der ein gleichlautendes Buch "Blackbox Abschiebung" verfasst hatte, den Aufschlag zu der Blackbox-Reihe. Als Sponsor_innen traten hier neben BoDo e.V. und European Homecare auch Pro Asyl auf. Also alles Profis in Sachen Flüchtlingsverwaltung und -elend. Die Einen verwalten und organisieren, die anderen lamentieren und kritisieren es. An diesem Abend wurde der Auftritt eines Star-Kritikers des Elends von den Nutznießer_innen des Elends gesponsert. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Am 26. März 2015 lud das Schauspiel Dortmund in Kooperation mit bodo e.V. und European Homecare dazu ein "Amir und Tafari kennenzulernen und ihre Geschichten zu hören". Das Ganze wurde dann von Bastian Pütter von bodo e.V. moderiert. Mensch könnte sagen "Lernen sie Amir und Tafari kennen, bevor der Mitveranstalter bei ihrer Abschiebung tatkräftig mithilft". Vielleicht wird jetzt der ein oder anderen Besucher_in der Veranstaltung nicht nur ein Schauer der Betroffenheit, sondern auch des verspäteten Ekels über soviel Perfidität und Verlogenheit der Veranstalter_innen über den Rücken laufen.

Am 21. Mai wurde im Dortmunder Schauspielhaus eine Veranstaltung unter den Namen "BLACKBOX NSU 1 - Was läuft beim NSU-Prozess in München" inszeniert. Dies im Rahmen einer Verkaufsausstellung zu dem Comic "Weisse Wölfe" von David Schraven und Jan Feindt.

Hier entdeckte die in ihrer Vorgehensweise gegen Flüchtlinge nicht als zimperlich bekannte European Homecare ihren Antifaschismus und trat mit bodo e.V., CORRECT!V und den Ruhrbaronen als Veranstalter auf.

Zumindest bei der letzten Blogger_innenvereinigung dürfte die Zusammenarbeit mit European Homecare auf keinerlei moralische Bedenken gestoßen sein. Obwohl der Blog sich eine rührige Crew von Jung-Schreiber_innen unterhält, die den Blog mit Instent -und Twitter Nachrichten über Ruhrgebiets-Nazis überflutet, ist er doch mehrheitlich von neoliberalen bis rechtsoffenen Meinungen durchzogen. Letztere werden meist als Gastkommentare kaschiert.

So verfasste z.B. die Gast-Autorin Sabine Beppler-Spahl im März einen Artikel über Flüchtlingspolitik auf den Ruhrbaronen, in dem sie zum Wohle der Flüchtlinge für die Neoliberalisierung der Sozialversorgung und Entgarantierung der Flüchtlinge eintrat: "Wer zu uns kommt, um hier neu anzufangen, braucht keine staatlichen Versorgungsleistungen, sondern Freiheit und eine Starthilfe. Vor allem aber würde damit ein System der Wohlfahrtssolidarität ohne Zustimmung der einzahlenden Mehrheit missbraucht." Ansonsten schreibt sie für das neoliberale Online-Magazin Novo und die neu-rechte Postille "Eigentümlich frei". Mit derartigen Kontakten hat der Chefredakteur Stefan Laurin keine Probleme. Zu seinen Lieblingskooperationspartnern gehört z. B. der CDU-Rechtsaußen aus Bochum Dirk Schmidt. Dieser gehört als Kommentator und enger Freund zum Hause - und das obwohl (oder vielleicht weil) er 2007 die Site "Bochum gegen links" betreute. (:: bo-alternativ.de, :: de.indymedia.org)

Diese Arten Antirassismus und Antifaschismus sind in den Medien hip. Sie skandalisieren, emotionalisieren, bringen Klicks und Werbegelder. Anstatt aber aufzuklären, erzeugen sie Hypes. Im vorliegenden Fall verschleiern und kaschieren sie nicht nur, sondern verbündeln sich mit den Täter_innenstrukturen. Diese können sich dank dieser Hipster_innen als Antirassist_innen und Antifaschist_innen ausgeben und 'reinwaschen'. Moraline Rhetorik für den Klingelbeutel, mehr nicht. - Ein Journalismus, der bei den Profiteur_innen von Flucht und Abschiebung wie European Homecare gern gesehen ist.

Zur Zeit werben die Ruhrbarone und das "CORRECT!V." für ein Projekt namens "Akte NSU" und sind auf Crowdfunding Tour (:: crowdfunding.correctiv.org/akte-nsu). Mensch fragt sich, warum sie sich diese Art antifaschistischer Recherche nicht von den Abschiebeprofis bezahlen lassen. Geld genug lässt sich am Rassismus und am Elend der Welt doch verdienen, da können diese Journalist_innen doch ein Teil abbekommen. Oder?

Und der örtlich Chefredakteur der Wohnungslosenzeitung BoDo e.V.? Zwar wird in der neuesten Ausgabe aus dem Juni 2015 auf Seite 16 über die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den Foltervorwürfen in Burbach berichtet. Allein der Name der Firma European Homecare, die als Subunternehmen die Firma SKI angestellt hatte, fehlt. Warum?

Es wurde mal gesagt: "Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus» Nein, er wird sagen: «Ich bin der Antifaschismus»."

In diesem Sinne kann gesagt werden: Ihr kotzt uns an!



Quellen und weitere Informationen:
:: theaterdo.de/detail/event/diskussion-blackbox-flucht
:: theaterdo.de - Diskussion Blackbox NSU 1
:: blog.schauspieldortmund.de
:: "Wie in Guantanamo" - Der Zustand deutscher Flüchtlingsunterkünfte nach Privatisierung und Outsourcing (rtdeutsch.com)
:: eu-homecare.com - Kund_innenverzeichnis
:: Privatisierung des "Abschiebegeschäfts" (antifa-ak.org)
:: Vorwurf: Folter made in Essen - European Homecare (linksunten.indymedia.org)
:: Prügelattacken und Demütigungen - Wachleute in NRW sollen Asylbewerber misshandelt haben (focus.de)
:: Privatisierungen im Flüchtlingswesen European Homecare (infoverteiler.net)
:: Privatisierung von Abschiebebetreuung in Büren, Deutschland (nolager.de)
:: Rubrik: European Homecare (no-racism.net)
:: Flüchtlinge in Essen klagen über Angriffe des Wachdienstes (derwesten.de)
:: Flüchtlinge prangern Zustände im Essener Opti-Park an (derwesten.de)
:: Privatisierung von Abschiebebetreuung in Büren, Deutschland (no-racism.net)
:: Asylant in Traiskirchen gefoltert? "European Homecare" dementiert (news.at)
:: Flüchtlinge in Österreich und Alltagsrassismus (ceiberweiber.at)
:: Verdienen an Flüchtlingen (arbeit-wirtschaft.at)
:: European Homecare kehrt Flüchtlinge heim (de.indymedia.org)

Artikel zuerst veroeffentlicht am 02. Juni 2015 auf :: linksunten.indymedia.org, hier bearbeitet von no-racism.net.