Freispruch für Protest vor der besetzten Zentrale von European Homecare (EHC) im Dezember 2014 in Essen. Prozess gegen Besetzer vertagt, weitere folgen.
Eine schallende Ohrfeige musste die Staatsanwaltschaft Essen am 27. August 2015 einstecken. Das Amtsgericht Essen sprach einen jungen Aktivisten vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs frei, der sich während der Besetzung im Dezember mit vielen anderen Menschen vor der EHC-Zentrale eingefunden hatte, um die Aktion solidarisch zu unterstützen. Die Forderung, die Firma European Homecare, die für etliche Gewaltexzesse gegen Geflüchtete in Burbach und Essen verantwortlich ist, dichtzumachen, ist allerdings immer noch aktuell. Statt EHC zu schließen, betreibt das Essener Unternehmen weiterhin zahlreiche Lager, die für eine inhumane Flüchtlingspolitik stehen.
Trotzdem ist der heutige Freispruch ein wichtiger Etappensieg, schließlich ist damit der dreiste Vorstoß, eine aus polizeilicher Sicht unerwünschte Öffentlichkeit bei politischen Aktionen auszuschließen, gescheitert.
In einem anderen Saal stand zuvor ein Aktivist vor Gericht, der bei der polizeilichen Räumung in der EHC-Zentrale festgenommen worden war und sich ebenfalls wegen Hausfriedensbruchs verantworten musste. In seiner Verteidigungsrede forderte er, neben EHC auch die staatlichen Auftraggeber des Essener Unternehmens zur Verantwortung zu ziehen. Knackpunkt der Politischen Justiz ist aber nicht die Legitimität der Besetzung, sondern die banale Frage, ob der Strafantrag juristisch korrekt gestellt war. Weil der Genosse sich ebenfalls weigerte, einer Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage zuzustimmen, sah sich der Richter gezwungen, im Oktober einen neuen Prozesstermin anzuberaumen, um die Rechtmäßigkeit des Strafantrags wegen Hausfriendensbruchs durch die Befragung von Zeug_innen zu klären. Dann wird auch der Geschäftsführer von European Homecare, Sascha Korte geladen, der sich bislang nur vertreten ließ und der Öffentlichkeit fern blieb.
Parallel zu den beiden Verhandlungen wegen der Aktion gegen EHC wurde heute auch der Prozess gegen fünf Securities fortgesetzt, die im September 2014 in dem von European Homecare geführten Lager im Essener Opti-Park Geflüchtete misshandelt hatten. Dabei kamen auch die Opfer zu Wort. Sie treten als Nebenkläger_innen im Prozess auf und berichteten von alltäglichen Schikanen und den Gewaltexzessen in der Essener Unterkunft. Die Prozesse gegen die rassistischen Gewalttäter werden fortgesetzt, auch die Strafverfahren gegen Aktivist_innen, die den Widerstand gegen Rassismus organisieren.
Achtet auf Ankündigungen zur solidarischen Prozessbegleitung
European Homecare schießen – Lager abschaffen – Frontex versenken!
Artikel übernommen von :: linksunten indymedia, 30. Aug 2015.