no-racism.net logo
 
 

[ 17. Apr 2016 ]

Stoppt Abschiebungen - Widerstand ist möglich

Es drohte die Abschiebung aufgrund der Dublin-Regelung nach Norwegen. Doch M wollte bei seiner Familie bleiben und wehrte sich dagegen: Nach mehr als 10 Tagen Schubhaft, Lügen, Kampf und gewaltvoller Repression ist M. endlich frei.

 

M., der sich in Österreich sein Leben aufgebaut hat und einen Kampf gegen die hiesigen Behörden führt, die ihm das kürzlich geborene Kind wegnahmen, sollte nach Norwegen abgeschoben werden.

Obwohl er nur wenige Tage dort verbracht hat und Freund*innen und Familie in Österreich hat, nahmen ihn die Cops fest und buchten die Flüge. M., war dagegen.

Er leistete Widerstand. Entschlossen, mit seiner Familie zu sein und für sein Kind zu kämpfen, verhinderte er seine eigene Abschiebung. Noch bevor das Flugzeug abhob, erklärte er, dass er nicht fliegen will. Erfolgreich: Der Pilot entschied sich, ohne M. zu fliegen. Doch das war nur der Anfang.

Die Cops hörten nicht auf. Sie planten für die darauf folgende Woche einen weiteren Abschiebeversuch. Sie erklärten M., dass sie ihn diesmal auf jeden Fall nach Norwegen bringen würden. Die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Abschiebeversuch verbrachte er isoliert in Schubhaft.

Dank der starken Unterstützung von Freund*innen und Familie wurden Anwält*innen und Medien auf die Sache aufmerksam. Sie versuchten ihr Bestes, um die Abschiebung zu verhinden. Zeit spielte eine Rolle: Die Cops hatten nur wenige Tage übrig, bis die Frist für die Dublin-Abschiebung vorüber war.

Sie versuchten es wieder. Bei diesem zweiten Versuch wurde M. mit reiner Gewalt ins Flugzeug gezerrt, unter direkter Beobachtung der anderen Passagier*innen, die es nicht kümmerte, einzuschreiten. Auch im Flugzeug schrie M. noch um sein Leben. Doch gefesselt und umzingelt von vier Cops, die versuchten ihn hinter einem Vorhang zu verstecken, waren seine Chancen marginal.

Schon bald teilte die Crew den Passagier*innen mit, dass sie sich auf die freien Sitze weiter vorne im Flugzeug setzen könnten, um die Schreie nicht zu hören. Eine Person spielte nicht mit. Sie widersetzte sich und weigerte sich zu sitzen bevor M. das Flugzeug verlassen könnte.

Dies initiierte eine ganze Show von Lügen. Sowohl die Crew als auch die Cops, die sich vorher bereits abgesprochen hatten, erfanden Geschichten eines schrecklichen Strafregisters und erklärten, M. sei ein Vergewaltiger. Um jede mögliche Solidarität seitens der Passagier*innen zu brechen, erzählten sie außerdem, dass er hier gar keine Familie habe und in Norwegen Asyl hätte. Obwohl die anderen Passagier*innen schon vorher nicht einschreiten wollten, vergrößerten diese unverhohlenen Lügen nur ihre Feindseligkeit. Sie griffen die widerständige Person verbal an, bis diese von den Cops aus dem Flugzeug gezerrt wurde. Weder die Cops, noch die Crew erlaubten ihr, mit dem Piloten zu sprechen.

M. war immer noch im Flugzeug und alles schien verloren. Doch er gab nicht auf. Wahrscheinlich beeinflusst von den unüblichen Umständen, weigerte sich der Pilot, ihn zu transportieren. Eine Maßnahme, die üblicherweise nur getroffen wird, wenn eine Person ein Risiko für andere Passagier*innen darstellt, starken Widerstand leistet.

Die Cops wurden wütend. Sie schlugen M. brutal zusammen und drohten, ihn noch am selben Abend abzuschieben, erzählten seine Verwandten, zu denen er nach dem verhinderten Abschiebeversuch Kontakt aufnehmen konnte. Freund*innen und Familie setzten alles in Bewegung, um auch den dritten Versuch zu verhindern. Menschen aus ganz Wien konfrontierten die Austrian Airliens mit der Situation. Die Fluglinie, die zahllose Abschiebungen durchführt und gleichzeitig betont, immer auf der Seite der Menschlichkeit zu stehen. Trotz der Präsenz von mehr als 30 schwer bewaffneten Cops, die jeden Versuch verhindern wollten, verteilten Aktivist*innen Flyer am Flughafen. Sie fordertern Passagier*innen auf, sich dieser gewaltvollen, unmenschlichen Praxis zu widersetzen.

Mit Erfolg. Am nächsten Morgen war M. frei. Die Cops hatten aufgegeben. Nach einer extrem anstrengenden Zeit der Gewalt, Drohungen, Lügen und starkem Widerstand, war die Abschiebung verhindert. Für M. ist das erst der Beginn eines langen Kampfes. Doch es ist ein Beginn der zeigt: Widerstand ist möglich.


Hintergrund


Im folgenden dokumentieren wir den Aufruf zur Solidaritäts-Kundgebung vor dem Schubhäfn Hernalser Gürtel in Wien am 12. April 2016:

Dublin-Abschiebung nach Norwegen stoppen! - M. muss bleiben!


Solidaritätskundgebung: Dienstag, 12.4., ab 16 Uhr, PAZ Hernalser Gürtel (Ecke Hernalser Gürtel/Breitenfelder Gasse)

M., ein geflüchteter Freund, soll am Donnerstag, 14.4., aufgrund der "Dublin III"-Regelung von Wien nach Norwegen abgeschoben werden. Gegen den ersten Abschiebeversuch hat er sich erfolgreich widersetzt, am 16.4. läuft die 6-Monats-Frist für die Dublin-Abschiebung aus. Wenn es ihm gelingt, diese Zeit zu überstehen, darf er nicht mehr nach Norwegen abgeschoben werden und Österreich muss ihn hier sein Asylverfahren führen lassen. Die Fremdenpolizei will nun mit einer Abschiebung am 14.4. noch schnell zwei Tage vor Fristablauf Fakten schaffen. Sorgen wir in Solidarität mit M. dafür, dass das nicht passiert! M.s Widerstand gegen seine Abschiebung darf nicht umsonst gewesen sein!

Warum M. auf keinen Fall nach Norwegen möchte

M. flüchtete aus Somalia über Malta nach Europa, durch die Wirren der für Menschen auf der Flucht schwierigen Reisewege landete er in Norwegen. Er kam nach Wien, weil hier seine jetztige Ehefrau, mit der er damals schon zusammen war, lebt. Die beiden haben inzwischen hier in Wien ein gemeinsames Kind und möchten als Familie hier zusammen leben. Die Situation mit dem Kind, das aufgrund einer schweren Geburt gesundheitlich angeschlagen ist, stellt die jungen Eltern vor große Herausforderungen. Die Angst vor gewaltsamer Trennung, wenn M. abgeschoben wird, ist für alle eine enorme Belastung. Umso wichtiger ist es, dass sie endlich in stabilen Verhältnissen leben können. Rechtlich gesehen sollte eine Abschiebung von M. nach Norwegen gar nicht zulässig sein, da enge familiären Bindungen, die hier ganz offensichtlich vorliegen, ein anerkannter Hinderungsgrund gegen eine Dublin-Abschiebung sind. Wieder mal setzen sich österreichische Behörden und Fremdenpolizei über geltende rechtliche Bestimmungen hinweg, wenn es um die Abschiebung geflüchteter Menschen geht.

Lassen wir das nicht zu! Helfen wir mit, die Abschiebung von M. zu verhindern!
Gegen die gewaltsame Trennung von Menschen durch Abschiebung!
Das Recht von Menschen, als Familie zusammen zu leben, muss auch für Geflüchtete gelten!

Alle Abschiebungen stoppen! "Dublin"-Verordnung endlich abschaffen!