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[ 03. Sep 2016 ]

Solidarität mit den Migrant_innen in Calais

Über Zäune und Mauern...

Nachdem in den vergangenen Wochen die Übergriffe auf den Jungle in Calais durch die Polizei wieder einmal zunahmen, kündigten die Behörden nun eine Räumung an. Ebenso soll eine Mauer entlang der Autobahn gebaut werden, damit es die Geflüchteten und Migrant_innen noch schwieriger haben, nach GB zu reisen.

 

Die Zahl der auf ihrer Reise nach Großbritannien in Calais gestrandeten Menschen ging nach massiver Repression und der :: Räumung des größten Jungels im September 2009 sowie vieler :: weiterer Unterkünfte zurück. U.a. als Folge der Migrationsbewegung im Jahr 2015 stieg ihre Zahl in den vergangenen Monaten wieder an. Zuletzt wurde von mindesten 10.000 in Calais auf die Weiterreise wartende Geflüchtete und Migrant_innen berichtet. Die meisten von ihnen leben in befelfsmäßigen Unterkünften, bebaut aus Holz, Karton, Plastik und diversen recycelten Materialien. Die große Anzahl der dort wohnenden Menschen erfordert eine entsprechende Infrastruktur mit Geschäften, Lokalen, Schulen, Gebetshäusern usw.

Das Leben in den Jungles ist nicht einfach und gezeichnet von permanenten Übergriffen durch die Exekutive ebenso wie Hetze durch Politiker_innen und Medien.

Immer wieder kommt es zu umfangreichen Polizeioperationen, bei denen Teile der selbstaufgebauten Infrastruktur zerstört werden. So beispielsweise :: Anfang 2016, als gegen teilweise erbitterten Widerstand Teile des Jungles platt gemacht wurden. Seither nahmen die Provokationen und gewalttätigen Übergriffen durch durch die Polizei wieder zu, wie u.a. von :: Calais Migrant Solidarity dokumentiert wird.

Anfang September beschlossen die Behörden einmal mehr, dass der Jungle geräumt und die dort lebenden Menschen in diverse Lager im ganzen Land verteilt werden sollen. Ebenfalls wurden Pläne pubilk, denen zufolge entlang der zum Fährhafen führenden Autobahn eine Mauer gebaut wird - finanziert von GB. So sollen die Versuche verunmöglicht werden, dort auf einen Richtung GB fahrenden LKW zu gelangen.

Gegen diese Versuche richtet sich nun ein gemeinsamer 'Protest' von Wirtschaftstreibenden und Polizei, die am 5. September an der Autobahn A16 zwischen Boulogne-sur-Mer, Dunkerque und Calais protestieren wollen. Ihre Forderung ist u.a. der Abriss des Jungles in Calais. Dies ist wohl eine weitere Provokation durch die sich seit Jahren vor allem mit Gewalt und Rassismus auszeichnende Polizei, die bei ihrem Vorgehen auf die Rückendeckung durch Politik und Unterstützung durch die Medien zählen kann.

Die sich erneut zuspitzende Repression in Calais kann als Teil des europaweit verschärften Vorgehens gegen Geflüchtete und Migrant_innen gesehen werden. Dazu gehörden u.a. die vielerorts beschlossenen Verschärfungen der Migrations- und Asylgesetze, Zäune und Militär an den Grenzen, vermehrte Abschiebungen, Razzien usw.

Wie die Geschichte zeugt, können derartige Maßnahmen Flucht und Migration nicht stoppen. Die heimliche Reise wird dadurch sehr wohl erschwert und vor allem gefährlicher, was sich u.a. an der Zunahme von toten Flüchtlingen und Migrant_innen zeigt.


Widerstand

Immer wieder kommt es zu Protesten gegen diese Politik der Abschottung mitsamt ihrer Maßnahmen und Auswirkungen. Sowohl im Jungle in Calais, in den unzähligen Lagern, in denen Geflüchtete und Migrant_innen festgehalten werden, als auch von zahlreichen Unterstützer_innen überall in Europa. Die Aktionsformen sind dabei sehr unterschiedlich.

Im folgenden veröffentlichen wir eine Solidaritätserklärung von Menschen aus Athen, die bereits im März 2016 auf :: athens.indymedia.org (griechisch) veröffentlicht wurde. Die englische Übersetzung findet sich auf :: en-contrainfo.espiv.net, auf deutsch erschien der Text am 03. Sep 2016 auf :: linksunten.indymedia.org:


Angriff auf das Französische Institut in Athen aus Solidarität mit den verfolgten Migrant*innen nach der Räumung des Jungle in Calais


Am 2. März 2016 griffen wir das Französische Institut in Athen mit Molotov Cocktails an. Mit dieser Aktion senden wir eine Nachricht der Klassensolidarität an die verfolgten Migrant*innen und Kämpfer*innen die sich gegen den französischen Staat wehren. Das französische Institut steht für die Heuchelei der Französischen Republik, wo hinter der unerfüllten Parole Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit die Brutalität kapitalistischer Herrschaft lauert.

In der Region von Calais, nah der Grenze zwischen UK und Frankreich, haben die dort ankommenden oder von anderen Flüchtlingscamps dorthin vertriebenen Migrant*innen, in der Hoffnung die Grenze ins UK zu überwinden, eine selbst organisierte Baracken Siedlung errichtet. Die Geschichte des so genannten Jungle, wie die Favela der Unterdrückten getauft wurde, beginnt 2002. Die Verfolgung von Migrant*innen, die in ihrer Heimat durch Krieg oder Armut vertrieben wurden, findet mit der Ankunft in der EU kein Ende.

Gejagt von Grenzpatrouillen, Bull*innen und Faschist*innen, durchliefen viele von ihnen Knäste und Internierungslager und nahmen in Calais ein Stück ihres Lebens wieder in eigene Hände. Trotz zahlreicher Versuche des Staates in den letzten Jahren dieses Projekt zu zerstören, leistet diese große Community Widerstand und organisiert sich selbst mit Beharrlichkeit unter schwierigsten Bedingungen unter purer Armut und ständiger Repression. Behelfsmäßige Kantinen, Schulen, Kinderbereiche, Kunsträume und religiöse Orte wurden aufgebaut und von Bewohner*innen und solidarischen Leuten gemeinsam im Jungle betrieben.

Auf der anderen Seite spiegelt der Jungle die Brutalität des Regimes wieder, das Migrant*innen in urbanen Ghettos und Internierungslagern isoliert festhält und sie damit zu einem dauerhaften Leben auf der Grenzlinie verurteilt.

Die Verhängung der totalen Kontrolle markiert den Versuch der Herrscher*innen mit all jenen umzugehen, die sich ihnen widersetzen und selbst organisieren. Alles was nicht auf Linie kapitalistischer "Entwicklung" liegt wird als Ziel von Repression angegriffen.

Bull*innen und Zivilschutz durchsuchen oft den Jungle mit brutaler Gewalt und unter Einsatz von Gas, zerstören Wohnungen und Infrastruktur, vertreiben und inhaftieren Migrant*innen. Andererseits ist der Jungle ein Bekenntnis zum Kampf der Unterdrückten, Überlebenskampf gegen die Pläne staatlicher Unterdrückung. Die Existenz des Jungle und der entschlossene Widerstand gegen Räumung ist ein charakteristisches Beispiel des Ringens gegen Verfolgung und Inhaftierung.

Letzten Monat gab Frankreich unter dem Vorwand sanitärer Risiken für die Umgebung, die Evakuierung des südlichen Teils des Jungle bekannt, Heimat von 3.000 Migrant*innen. Um den Widerstand der Bewohner*innen zu Zügeln, versuchte der Staat humanitäre Motive vorzuschieben, durch die Erklärung das die Leute in beheizte Container gebracht würden, während die Unkooperativen in andere Internierungslager in ganz Frankreich gebracht würden, nicht mit Gewalt sondern durch die "Kraft der Argumente".

Schließlich begann der jüngste Evakuierungsversuch diese Woche und gebar das bekannte Gesicht staatlicher Gewalt und Terrorismus. Jene, die in Internierungslager gesperrt werden, werden von den Leuten getrennt mit denen sie eine Gemeinschaft gebildet haben, sie werden registriert (Fingerabdrücke, Fotos, e.t.c.) und totaler Kontrolle unterworfen, abhängig und ausgebeutet durch den Staat.

Die Evakuierung des Jungle ist ein direkter Angriff gegen migrantische Selbstbestimmung. Ein konsequenter Versuch, die Selbstorganisierung der Unterdrückten zu zerschlagen. Die Strategie des Französischen Staates ist Teil des gemeinsamen europäischen "Managements der Flüchtlingsströme", das gleichgültig ob mit rechtsradikaler oder humanitärer Rhetorik verkleidet, auf die Kontrolle der Unterdrückten zielt um den Pool menschlicher Ressourcen zur Ausbeutung durch das Kapital zu füllen.

Der Widerstand gegen den Versuch der Zerstörung des Jungle ist ein Kampf gegen die schlimmsten Zustände der Klassen Unterjochung.

In den jetzt in Calais stattfindenden Zusammenstößen kommt die koloniale Vergangenheit Frankreichs an die Oberfläche und ihre imperialistischen Interventionen heute in Nordafrika; was den Faschismus enthüllt, der der bürgerlichen Demokratie und seinem heuchlerischen Humanismus innewohnt.

Wir erinnern einmal mehr an Remi Fraisse, der im Oktober 2014 beim Kampf für den Siven Wald ermordet wurde, von den gleichen Schweinen in Uniform ermordet, die jetzt den Jungle angreifen.

Widerstand und Selbstorganisierung der Unterdrückten an jedem Ort!
Bull*innen raus aus den Communities der Verfolgten!
Lasst und Knäste und Internierungslager einreißen!
Für den Sieg des Jungle Kampfes!
Sabotiert den Französischen Staat und die Europäische Festung!

Aus den Nachbarschaften Athens,
Council of Anarchist Action "Gracchus Babeuf".