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[ 19. May 2002 // letzte änderung: 19. May 2002 ]

Die IOM, eine Agentur für transnationales Migrationsmanagement

Gegründet wurde die IOM 1952 auf Initiative der USA im Zuge des kalten Krieges gegen die Warschauer-Pakt Staaten unter dem Namen Intergovernmental Committee for European Migration (ICEM). Sie sitzt, ähnlich wie die ILO oder der UNHCR in der vorgeblich neutralen, weil blockfreien Schweiz. 1980 wurde es erneut umbenannt, um der zunehmend globalen Rolle zu entsprechend wurde der Verweis auf Europa weggelassen, 1989 wurde daraus die International Organisation for Migration.

 

Heute hat die IOM 79 Mitgliedsstaaten, 43 Staaten mit Beobachterstatus, sowie zahlreiche beobachtende internationale Organisationen, wie die UN, die ILO, den Europarat, die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und andere. Die IOM hat ein Jahresbudget von rund 36 Millionen Schweizen Franken für seine administrativen Aufgaben (110 Verwaltungsangestellte), die Programme werden aus freiwilligen Zuwendungen der Mitgliedsstaaten finanziert und sind wesentlich höher.

Die IOM ist keine den transnationalen Organisation, wie der UN, oder den internationalen Hilfsorganisationen, wie dem Roten Kreuz vergleichbare Institution. Weder basiert sie auf internationalem Recht oder Verträgen, noch ist sie von einem internationalem Gremium authorisiert worden oder wird von einem solchen kontrolliert. Es gibt überhaupt garkeine Kontrolle über die Arbeit der IOM, außer die der Geldgeber, die ihre Beiträge wohl an der Effizienz der IOM ausrichten.
Zunächst war die ICEM ein Instrument der Ansiedlung von Flüchtlingen aus dem Ostblock. Bevor der Eiserne Vorhang fiel, beteiligte sie sich am "man power and brain drain" vor allem aus den zentraleuropäischeStaaten. Während der 70er Jahre übernahm sie Funktionen bei der Gründung und Stabilisierung von ethnisch oder religiös definierten Nationalstaaten auf dem indischen Subkontinent, sowie in Ostafrika. Unter Federführung der ICEM wurden ethnische Asiaten aus Uganda evakuiert, sowie muslemische Flüchtlinge in Pakistan angesiedelt, eine Fortführung der Politik des Bevölkerungsaustausch zwischen Indian, Pakistan und Bangladesh. Weniger umstritten ist dagegen die Hilfe für politische Flüchtlingen aus Chile in den 70er Jahren. Zu Beginn der 90er Jahre bemühte sich die ICEM um die Steuerung von Flüchtlingsbewegungen im Mittleren Osten. Migranten aus den Golfstaaten wurden in ihre Herkunftsländer verfrachtet, die Rückführung irakische Kurden in jene Regionen betrieben, die bis heute Kriegsschauplatz sind. Die Interventionen der 90er Jahre waren durch das Engagement auf dem Balkan gekennzeichnet.

Heutzutage brüstet sich die IOM damit, in die Geschicke von rund 11 Millionen Flüchtlingen und MigrantInnen eingegriffen zu haben. Die IOM hat vielfach politisch motivierte Migrationsbewegungen gefürdert, ethnischen Säuberungen Vorschub geleistet, die Durchsetzung ethnischer Nationalstaaten ermöglicht oder gar zur Eindämmung von Fluchtbewegungen beigetragen.
Im Verlauf der 90er Jahre ist der IOM die Funktion einer transnationalen Organisation zur Planung und Steuerung von globalen Migrationsbewegungen zugewiesen worden. Gegründet wurde sie als Institution zur Steuerung der Europäischen Nachkriegsmigration, während der 30 Jahre des Eisernen Vorhangs, der Europa effektiv gegen unerwünschte Migrationsbewegungen abschirmte, verlegte sich die IOM auf trikontinentale Schauplätze. Doch 1989, mit ihrer Umbenennung zur IOM folgte eine Neubestimmung ihrer Aufgaben. Seit den 90er Jahren übernimmt sie erneut Europäische Funktionen und spiegelt vor allem Europäische migrationspolitische Stategien wieder. Vor allem rund um Europa baute sie in rasantem Tempo, manchmal atemberaubend schnell ihre Vorposten auf und aus.
In jenem die Schengen-Staaten wie einen Gürtel umgebenden länder Zentral-, Ost- und südosteuropas, sowie Zentralasiens hat die IOM ihre Dependancen eingerichtet, mit ihren zahlreichen aussenstellen hat sie in den Transitländern einen regelrechten Apparat installiert. Die Liste ist lang und liest sich wie der Einflußbereich der EU, deren Schwerpunkt ist unzweideutig der gesamte großraum (süd-) ÃŒstlich der EU bis hin zum Kaukasus und nach Zentralasien. Selbst im fernen Aserbeidschan, in der kaspischen Ölfürderregion betreibt die IOM ein field office. Zum Einen haben diese aussenstellen im Rahmen des Migration Information Programme die Funktion eines Migrationswarn-Systems, welches sicherstellt, daß vor allem EuropäischeRegierungen rechtzeitig über bevorstehenden größere Migrationsströme informiert werden können.
Die IOM ist an der Förderung des sogenannten Puebla Process von 10 zentral- und nordamerikanische ländern 1996 beteiligt gewesen, auch an dem Manila Process, begründet ebenfalls 1996, der ein Gebiet von 16 ost- und südostasiatischen Staaten abdeckt (inklusive Japan, China, Australien und Neuseeland). Diese Prozesse beinhalten regelmäßige Treffen von Einwanderungsbehörden zum Informationsaustausch über Wanderungstrends und zur Entwicklung von Kooperation zur Bekämpfung von Menschenhandel. Ähnliche Zwischen-Regierungskonsultationen sind auch für südafrikanische und südamerikanische Staaten diskutiert und vorbereitet worden.
Die IOM bringt seit 1996 das Bulletin Trafficking in Migrants heraus. Die Ausspähung der Wanderungsrouten, der Identifizierung der klandestinen Mittel und dahinterstehenden Organisationsstrukturen gilt die Arbeit ganzer Stäbe. Beispielsweise betreibt die niederländische Regierung in Aserbeidschan unter der Hospiz der IOM ein Forschungsprogramm zur Frage von Menschenhandel und Wirtschaftsmigration. Ein gut Teil ihrer tätigkeit ummantelt die IOM mit dem Anspruch, gegen Frauenhandel vorzugehen.

Es bleibt jedoch nicht bei der bloßen Informationsbeschaffung und -weitergabe, die IOM mischt sich unmittelbar in die Innenpolitik all jener länder ein, in denen sie präsent ist. Anhand des Umgangs der IOM mit der Türkei läßt sich erkennen, in welcher Art und Weise, sowie in welchem maße die IOM zentral an einem internationalen Migrationsregime stricken und andernorts bewährte Modi auszuweiten bemüht ist. Sie empfiehlt :

1. das die türkischen Behörden in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen Programme für die freiwillige Rückkehr von Transit- und irregulären Migranten in ihre Herkunftsstaaten initiieren;
2. das der Transport von Migranten durch die Türkische Gesetzgebung bestraft wird;
4. das ein Informationsaustausch geschaffen wird zwischen den Türkischen Behörden und den Regierungen der Herkunftsstaaten und den Zielländern der Transitmigranten, um irreguläre Migration zu verhindern und den Transport zu bekämpfen;
5. das Grenzkontrollen in der Türkei ein fundamentales Werkzeug zur Bekämpfung irregulärer Migration sind.

Mit solche Empfehlungen gibt sich die IOM als Vertretung vor allem europäischer Interessen zu erkennen, die in einer Vorverlagerung der Migrationskontrolle, sowie einer Ausweitung des Europäischen Grenzregimes bestehen.
Am Beispiel Aserbeidjan lassen sich weitere Ziele ablesen. Zu den Prioritäten zählt die
Prävention von illegaler Migration aus, durch und nach Aserbeidjan und zu diesem Zweck die Verbesserung des Grenzmanagements in seiner Funktion zur Förderung und Kontrolle von internationalen Bewegungen.
Das Ziel des Projektes ist, die Kapazität der Regierung wesentlich zu stärken, ein einheitliches System für das Management von Migrationsprozessen einzurichten und zu betreiben. Der gesamte Fokus ist die Formulierung und Entwicklung einer Migrationspolitik, die Bereitstellung einer starken gesetzlichen Basis zur Regulation von Migrationsprozessen und der Aufbau moderner Migrations-Managementstrukturen, einschließlich eines Grenz-Managementsystems.

Eine ganz andere Funktion übernimmt die IOM im Kosovo. Zunächst war sie dort in die Entwaffnung der UCK eingebunden, eine weitere, geradezu traditionelle Aufgabe bestand in der Organisierung der Rückführung und Wiederansiedlung von Flüchtlingen. Mittlerweile wurden im Kosovo zahlreiche Büros der IOM eröffnet, die als Arbeitsamt fungieren, MittelstandsFörderung betreiben und die Auszahlung von Hilfsgeldern vornehmen. Mitunter organisieren diese Büros aber auch die Müllabfuhr, übersetzerdienste oder die öffentliche Verwaltung. Die IOM wurde in das Vakuum der Nachkriegszeit implantiert und übernimmt als Ersatzstaat kommunal- und ordnungspolitische Aufgaben. Im Grunde ist sie kaum etwas anderes als eine transnationale Protektoratsverwaltung.
Anders als der UNHCR oder das Rote Kreuz besteht das Ziel der IOM nicht primär in humanitärer Hilfe. In einer Welt im Umbruch, einer Welt krasser Einkommensgegensätze, einer Welt nationalstaatlicher Neuordnung und ökologischer Katastrophen sieht die IOM ihre Aufgabe vielmehr in der weltumspannenden geordneten, rationellen, geplanten Steuerung und Bewegung von ganzen Bevölkerungsteilen, Ethnien, Professionen oder Schichten. Sie ist vermutlich bereits daß bedeutenste Instrument globaler Bevölkerungspolitik und Sozialtechnik, was die IOM betreibt ist klassisches social engineering, die Konstruktion von Gesellschaft nach den Kriterien von Effizienz, Produktivität, Regier- und Steuerbarkeit.