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[ 14. Jun 2006 ]

Der Sexist

Alinka, ein Ausschnitt von rassistischem Sexismus.

Wenn Er abgewiesen wird, dann wird das schon einen Grund haben. Denn: Was hat Er hier zu suchen? Was macht Er hier?

 

Oft wird in Medien rassistisch argumentiert. Doch ist es wirklich rassistisch? Vermischen sich Rassismen nicht sehr oft mit weiteren ungleichen gesellschaftlichen Verhältnissen? Wie sieht es mit Sexismen aus? Kann es sein, dass machnmal Sexismen dafür genutzt werden, um rassistisch zu argumentieren? Oder umgekehrt? Sind Rassismen und Sexismen getrennt voneinander überhaupt erklärbar? Wohl kaum!

Sehen wir uns eine aktuelle Diskussion an. In Österreich, oder bleiben wir in Wien, funktionieren stereotype Bilder, die nicht nur aber vor allem und auch über Medien transportiert werden, bewusst unbemerkt. Eine scheinbar aufgeklärte wie egalitäre Gesellschaft gibt vor, Vorbild zu sein. Und präsentiert mit voller Brutalität wie sie deren Aufrechterhaltung absichern will. Doch es wäre zu einfach, würden wir von einem homogenen Weltbild ausgehen. Da sind nicht die Guten und die Bösen, die RassistInnen und die AntirassistInnen, die SexistInnen und die AntisexistInnen. Da sind nicht die Reichen und die Armen. Da sind Menschen die alle in gewisser Weise von der Gesellschaft profitieren. Und wenn die Einen profitieren, dann muss es doch auch immer die Anderen geben, die nicht profitieren. Denn woran sollte sich der Profit denn sonst messen? Wie soll es sich sonst ausgehen? Doch nicht immer sind es die Einen die profitieren und die Anderen die benachteiligt sind - also die passive Rolle einnehmen sollen. Die Grenzen verschwimmen und werden individuell unterschiedlich. Wenn wir also in der Folge von stereotypen Bildern sprechen, dann sind diese immer zu hinterfragen, bzw. bezüglich ihrer Unterschiedlichkeit zu berücksichtigen.

Wir stellen uns nun die Frage: Ist der Rassist ein Sexist? Somit bekräftigen wir gleich einmal, was wir von rassistischen Tönen halten. Nämlich nichts. Wir wollen sie nicht. Und wir wollen auch die Sexismen nicht. Zumindest ist das unser Ziel. Dass wir weder rassistischen Sexismus noch sexistischen Rassismus wollen. Und weil wir vorhin festgehalten haben, dass wir Rassismen nicht getrennt von Sexismen denken, ergibt sich da schon eine interessante Ausgangsposition.

Was also, wenn die Medien rassistische Bilder produzieren, Bilder die in der Gesellschaft fest verankert sind und mit denen einiges gerechtfertigt wird. Eines dieser Bilder verkörpert "den Schwarzen Mann". So wird Er genannt, nicht selten in Verbindung mit einem Kontinenten gebracht. Wenn Er umgebracht wird - zum Beispiel im Zuge einer scheinbar legitimen Amtshandlung - dann erscheint diese Handlung als legitim. Doch wenden wir mal den Blick von diesem Bild ab und sehen uns Ihn an. Getrennt von der rassistischen Markierung.

Wer ist Er? Wir wissen es nicht. Er kann doch auch von hier sein, oder? Schon lange mitten unter uns? Wir wissen ja nichts von Ihm, außer dass Er hier ist. Vielleicht war es ja nur eine falsche Vermutung, mit der wir Ihm kurz in Verbindung gebracht haben. Doch warum fällt uns das alles ein? Ja genau, neulich Abend in der Diskothek. Da war Er, Ich haben Ihn gesehen. Und genau, in der Schule, am Arbeitsplatz, bei mir zu Hause, in meiner Familie. Überall taucht Er plötzlich auf. Er scheint überall zu sein. Und Ich? Wodurch unterscheide Ich mich? Ach ja, viele werden jetzt sagen, dass Er mich nicht verkörpert. Aus unterschiedlichen Gründen. Doch was macht Ihn so anders von mir? Ich kann diese Frage nicht beantworten.

Wir sehen uns die Situation wieder aus der Ferne an, da sind wir nicht so involviert und können das besser beurteilen. Wir identifizieren uns nicht mit Ihm und nicht mit Ihr. Denn vielleicht steckt in Ihm ja in Wirklichkeit Sie. Wir stehen nicht nahe genug, um das zu erkennen. Wir können ja später noch über Ihre Rolle nachdenken. Doch jetzt sind wir wieder vereint. Sehen uns gemeinsam aus der wohl doch nicht mehr so homogenen Position die Sache neutral an. So wie wir es gelernt haben.

Die Frage lautete: Ist der Rassist ein Sexist? Das mit diesen Männern. Denn es genüge wohl nicht, dass Sie gewisse U-Bahn-Stationen und Straßenbahnlinien mittlerweile meide - aber so wie die Sache sich entwickle, fehle nicht viel... Ihr Problem ist in Wirklichkeit ein ganz ein anderes: Sie sieht gut aus. Wir wollen Ihre Schönheit hier nicht bewerten. Das tut nichts zur Sache. Doch wir merken an, dass Sie Blicke und Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wie wir das beurteilen können? Na klar, wir beobachten ja aus der neutralen Position. Da ist das sofort zu erkennen. Wir bewundern Ihren Stil, manchmal belächeln wir Sie. Und wir sehen, wie andere Sie bewundern und belächeln, also nicht wir. Und Sie? Sie scheint das locker zu nehmen. Sie steht quasi drüber. Nicht an allen Tagen, aber schon fast immer. Zumindest ist das unsere Beobachtung. Wir wissen was dazugehört. Und was weggelassen werden sollte. Wir betonen, dass dies Ihr gutes Recht ist. Und aus.

Wir haben unser Schema. Und wieder stellt sich die Frage: Wie sollen wir die Anderen benennen? Wir teilen sie ein in Weibchen, "die" Männer, Jungmännchen, hormongesteuerte und anlassige Typen. Bei den letzteren drei vergessen wir nicht die nationale Zuschreibung. Und dann verpassen wir dem Zweiten eine Haut und verorten Ihn auf einem Kontinent. Nun können wir - aus unserer neutralen Position - über Stereotype sprechen.

Wer entspricht dem Bild des bettelarmen Buben? Wer fährt einen Ferrari? Der Eine kann sich den Anderen nicht leisten. Das können wir beurteilen. Und Sie baggern unterschiedlich an. Denn Sie tun dies ja unter unterschiedlichen Voraussetzungen. Wir wissen worauf es ankommt. Wir müssen nicht extra erwähnen, in welcher Länge Sie sich unterscheiden. Aber wir dürfen es in unserer Beobachtung mitdenken. Wie auch immer. Von skurril bis ungustig.

Wäre da nicht noch was gewesen, was wir vergessen haben. Sie wissen, wie Sie Verführen können. Wie Aufmerksamkeit erregt wird. Das ist nicht nur dumm, es macht Sie gefährlich. Und Sie geht in die Offensive. Sie spricht Sie an. Nein. Das war doch nicht so. Welches Argument kann jetzt kommen? Für uns ist Sie entlarvt. Wir beschimpfen Sie, wenn Sie sich mit Ihm einlässt. Auch diesen Ausdruck lassen wir weg, denn aus der neutralen Position ist das Bild klar. Wir haben es ja ohnehin schon vorhin beschrieben. Wir setzen voraus, dass Sie es beim ersten mal verstanden haben.

Doch können wir das so stehen lassen? Ist unsere Frage schon beantwortet? Ist der Rassist ein Sexist? Anfangs fühlt Er sich noch schuldig. Da hat Er aus reinem Mitgefühl darüber hinweg gesehen. Das war im Kaffeehaus. Da gab es keinen Unterschied. Das war ok. Und trotzdem hat Er Sie dann genervt. Die Mailbox ging über. Mit ihr die Geduld. Das hat Sie abgehärtet. Und auch Ihn. So oft wie Er zurecht gewiesen wurde. Da muss Er sich positionieren. Auch wenn Er beschimpft wird. Über Sie wird geredet. Doch Ihr ist es nun gleichgültig, auch wenn Sie ihm ausweicht.

Aber nun reicht es. Bis jetzt waren wir neutral. Es ist genug. Wir haben immer wieder Rassismus kritisiert, und wir werden es weiterhin tun. Es ist wirklich Scheiße wie Sie behandelt werden? Wir kennen Sie. Wir benennen Sie. Wir trennen Sie von Ihr. Jedesmal wenn wir das thematisieren, dann ernten wir komische Blicke. Überall im öffentlichen Raum. Ob es ok ist, wie Sie behandelt werden? Sie sollen sich nicht so anstellen! Wir werden schön langsam tatsächlich sauer, wenn wir darauf angesprochen werden. Wir sind doch neutral. Also zur Frage, ob wir rassistische Vorurteile entwickeln? Oder nur Rassismus schreien? Darum gings doch gar nicht!

Ist der Rassist ein Sexist? Und eigentlich, um es zu betonen, finden Sie diese Frage wohl ziemlich unsympathisch? Wenn Sie kein Sexist sind, dann sind Sie sicher kein Rassist? Wenn Sie keine Rassistin ist, dann sind Sie sicher kein Sexist? Oder umgekehrt! Haben wir da schon wieder was verdreht?

Dieser Text bezieht sich auf einen Bericht von Thomas Rottenberg im Standard vom 08. Juni 2006 mit dem Titel: :: "Die Rassistin" sowie auf eine Kritik daran vom 11. Jun 2006 auf no-racism.net mit dem Titel: :: Der Rassist.