Insgesamt ist zur Flughafenaktion zu sagen, dass sie nur als Vorbereitung für folgende zu betrachten ist. Schubhaft und Abschiebungen sind Knackpunkte des staatlichen Rassismus in Österreich wie in allen anderen EU-Staaten.
Die Plattform für eine Welt ohne Rassismus besteht nun fast seit einem Jahr. Sie gründete sich nach der Ermordung von Marcus Omofuma am 1. Mai 1999 durch Organe des staatlichen Rassismus in Österreich. Innerhalb weniger Tage wurden Demonstrationen und Aktionen organisiert, die den Rücktritt der damals verantwortlichen PolitikerInnen sowie eine Änderung der Österreichischen "AusländerInnen"- und Asylpolitik forderten. Die Plattform diente und dient auch heute noch zum Informationsaustausch und zur Koordinierung verschiedenster Aktivitäten im antirassistischen Spektrum. Von Beginn an wurde versucht, weiterführende Perspektiven und Forderungen zu entwickeln, die unabhängig von "Anlaßfällen" vertreten und verbreitet werden sollen. Daraus ergaben sich Forderungen nach einem Antidiskriminierungesetz (wobei speziell diese Forderung noch nicht ausdiskutiert ist), nach "Wahlrecht für alle", nach Freiheit für alle Schubhäftlinge und einer sofortigen Abschaffung der Schubhaft etc.
In den ersten drei Wochen des Mai 1999 kam der damalige SPÖ-Innenminister Karl Schlögl durch die starken Proteste gegen seine Art der AmtsFührung - der Duldung und Billigung rassistischer Übergriffe durch die Polizei - gehörig unter Druck. Am 27. Mai startete der Exektivapparat seine Gegenaktion - die "Operation Spring". In einer medial ausfÃŒhrlichst begleiteten Aktion wurden mehr als 100 Menschen - zum größten Teil SchwarzafrikanerInnen - unter dem Vorwand, das seien alles DrogendealerInnen, verhaftet. Unter den Festgenommenen auch einige AktivistInnen aus der antirassistischen Bewegung. Innerhalb kürzester Zeit kam es zu Distanzierungen. Das was die Polizei und deren Chefs beabsichtigt hatten gelang - die antirassistische Bewegung war gespalten, Ratlosigkeit machte sich breit, die mangelnde Perspektive wirkte sich aus. SPÖ-Innenminister Schlögls Beliebtheitswerte machten Höhenflüge, der rassistische Konsens in der Österreichischen Gesellschaft fand sich bestätigt und würdigte den Hart-Durchgreifenden.
AfrikanerInnen in Österreich wurden und werden nach wie vor kriminalisiert und stigmatisiert. In den letzten Wochen schrieben "Falter" und "Profil" über rassistische Übergriffe durch die Polizei (z. B. im Flüchtlingslager Traiskirchen, im Kolpingheim in Wien-Favoriten, "Vermessungen" von AfrikanerInnen). Doch den Schritt, den strukturellen Rassismus in Österreich anzugreifen, scheinen die Menschen von der sogenannten liberalen Presse nicht zu wagen. daß es strukturellen Rassismus in Österreich gibt sollte denen und naTürlich den politische Verantwortlichen nicht nur gesagt werden, das sollte denen um die Ohren gehaut werden, damit sie zumindest nicht sagen können, sie hätten von nichts gewuÃt.
In Österreich (und auch in der EU) wird struktureller Rassismus per Gesetz und per Exekutivbeamte ausgeübt. In Österreich (und auch in den anderen EU-Staaten) herrscht ein hegemonialer rassistischer Diskurs über "brauchbares" und "nicht-brauchbares" Menschenmaterial aus Nicht-EU-Staaten (vergl. die Diskussion über HochtechnologiearbeiterInnen in Deutschland).
Schubhaft und Abschiebungen sind die direktesten Auswirkungen des staatlichen Rassismus in Österreich und in der EU. Nach einigen Demonstrationen in Wien für die sofortige Abschaffung der Schubhaft kam in der Plattform die Idee auf, eine Aktion am Flughafen Schwechat, einem neuralgischen Punkt des Europäischen Grenzregimes und der Zwangsdeportationen, zu organisieren. Flugpersonal und Passagiere wurden per Flugblatt aufgefordert, nicht tatenlos zuzusehen, wenn Menschen zwangsdeportiert werden, sondern aktiv einzugreifen und sich gegen diese rassistischen maßnahmen zu stellen. Es wurden auch Möglichkeiten aufgezeigt, wie mensch tatsächlich in derartige Vorgänge eingreifen kann. Weiters wurden in einem Flugblatt einige Todesfälle bei Abschiebungen aus EU-Staaten in den letzten Jahren dokumentiert.
Die Flughafenaktion war, wie bereits in einem anderen Bericht in der täglichen Internet-widerst@nds-Zeitung auf www.no-racism.net beschrieben, eine "brave" Aktion. Die Polizei erwartete uns bereits in der Schnellbahn-Station am Flughafen, wir wurden zuerst in die Ankunftshalle geleitet, dann machten wir zwei Runden in der Abflughalle, dann gings zurück in die Ankunftshalle, nach einer Stunde war die Aktion vorbei und wir fuhren mit der Schnellbahn wieder nach Wien zurück.
Während der Aktion wurden viele der oben genannten Flugblätter verteilt, es wurden auch ca. 10 verschiedene Transparente mitgetragen. Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, mit der Aktion am Flughafen ein größeres mediales Interesse zu erwecken. Das ist nicht gelungen. Obwohl die Pressearbeit gut organisiert war, konnten wir keine der größeren Nachrichtenagenturen oder Zeitungen hinter ihren Schreibtischen hervorlocken. Auch die Verbindung der Thematik mit der Eröffnung der "EU-Beobachtungsstelle gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" am 7.4.2000 verhalf uns nicht zu größerer Medienpräsenz. NaTürlich ist es immer problematisch politische Aktionen zu planen und deren Erfolg von ihrer Präsenz in den Medien abhängig zu machen. Problematisch auch deswegen, weil die Informationen die mensch eigentlich befördern will, durch die ausschnittsweise Behandlung in den "bürgerlichen" Medien immer deformiert rüberkommen. Eine geeignete Umgangsweise mit Presse und allen Arten von Medien muß wohl noch erarbeitet werden.
Kurz bevor wir zum Flughafen fuhren bekamen wir die Information, daß im Transitraum in Schwechat mindestens 3 Menschen aus Sri Lanka festgehalten werden. Einer von ihnen seit 17. Februar. Aufgrund der Chaotik der Aktion verabsäumten wir es, die am Flughafen anwesenden BehördervertreterInnen auf diese Personen aufmerksam zu machen und deren sofortige Freilassung und Einreiseerlaubnis auf Österreichisches Gebiet zu fordern. Wir versuchen jetzt diesen Fehler wieder gut zu machen, indem wir die Vorkommnisse im Transitraum in Schwechat in Zukunft verstärkt thematisieren wollen.
Insgesamt ist zur Flughafenaktion zu sagen, daß sie nur als Vorbereitung für folgende zu betrachten ist. Schubhaft und Abschiebungen sind Knackpunkte des staatlichen Rassismus in Österreich wie in allen anderen EU-Staaten. Deshalb nach wie vor die Forderung: für die sofortige Abschaffung der Schubhaft!