Unter immer noch ungeklärten Umständen kam ein junger Mann aus Afrika am Mittwoch, den 3. Mai um 3.00 Uhr früh (anderen Quellen zufolge am 4. Mai um 3.00 früh) im Jugendgefängnis in Wien 3, Rödengasse ums Leben. Bei dem Toten handelt es sich um Arise (oder Richard) I., einem 26-jährigen Mann aus Nigeria, der laut Justiz als Peter W. Richards aus Sierra Leone in Österreich um Asyl angesucht hat.
Der Zeitschrift "Format" zufolge wird von Seiten der Justiz von einer überdosis Drogen gesprochen, die zum Tod geführt haben könnte. Diese Möglichkeit erscheint jedoch zweifelhaft, da der Mann, "Format" zufolge, bereits am 29. April im Rahmen einer Razzia wegen Verdachts auf Drogenhandel inhaftiert worden sein soll. Das Justizministerium sprach laut APA allerdings vom 1. Mai als Zeitpunkt der Festnahme. Ein Zusammenhang seines Todes mit davor konsumierten bzw. mit aus Schutz vor der Razzia verschluckten - verpackten und nach Auflösen der Verpackung möglicherweise in den körper gelangten - Drogen ist bei dieser Zeitspanne aber unwahrscheinlich. Klarheit kann eine Obduktion der Leiche verschaffen. Allerdings werden die Ergebnisse nur bei Verdacht auf Fremdeinwirkung veröffentlicht. Eine solche liegt nach Darstellung der Justiz allerdings nicht vor. Laut einem Vertreter der Vereinigung für Menschenrechte und Demokratie in Afrika (AHDA) sei jedoch nicht auszuschließen, dass I. an inneren Verletzungen gestorben sei, die ihm bei seiner Festnahme durch die Polizei zugeführt worden sein könnten, berichtet das Magazin "Falter" in seiner nächste Woche erscheinenden Ausgabe.
Der Rechtsanwalt des Bruders von I. spricht laut Online-Standard von einem Skandal, dass die Justizbehörden keine sofortige erklärung zum Tod von I. abgegeben haben, sondern es ein "offensichtliches Bestreben" gegeben habe, den Fall "so lange als möglich geheim zu halten".
Einer Geheimhaltung, der anfänglich übrigens auch die bürgerlichen Medien nachkamen: Während bereits Donnerstag Abend Radio Orange und TATblatt von dem Todesfall berichteten, war in bürgerlichen Medien erst Freitag Abend davon zu lesen oder zu hören.
Nach Beratung mit ÄrztInnen meinte der Anwalt zur Theorie des Drogentods durch verschluckte Drogenpackerln, wieder laut Online-Standard: Entweder löse sich die HÃŒlle im körper auf oder sie wandere vom Magen in den Darm. In jedem Fall bedeute dies "einen langen qualvollen Tod, I. kann nicht klammheimlich in der Haftanstalt gestorben sein".
Dennoch sei I., berichtet der "Falter", fünf Tage lang weder von der Polizei noch von der Justiz einem Arzt vorgeführt worden. Eine Sprecherin des Gefängnisses habe dies mit den Worten "Am Wochenende war eben kein Arzt zu erreichen" erklärt.
Der Anwalt erinnerte im Online-Standard an die aktive Schutzpflicht des Staates für Häftlinge, die in Artikel zwei der Menschenrechtskonvention verankert sei. Es sei jedenfalls offensichtlich, dass hier einiges nicht in Ordnung ist. Er und sein Mandant wollen am Montag versuchen, Akteneinsicht sowie Zugang zum Leichnam von I. zu bekommen.
Unklarheiten gibt es auch in Bezug auf die Umstände der Festnahme, die nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten am 29. April um die Mittagszeit bei einer Razzia in einem Wohnheim in Wien Hernals stattgefunden hat. Augenzeugen sprachen laut einem Bericht von FM Afrique auf Orange 94,0 von schweren Misshandlungen bei der Festnahme. "Ihr künnt mich verhaften, aber bringt mich nicht um!" soll I. dabei geschrien haben.
Das Innenministerium beauftragte inzwischen den Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, einen "lückenlosen Bericht über den Ablauf der Amtshandlung vom ersten Verdachtsmoment bis zur übergabe an die Justiz zu erstellen" und kündigte an, diesen dem Menschenrechtsbeirat vorzulegen. Die Wiener Polizei will erst nach Vorliegen des Obduktionsergebnisses, das sie für Mitte nächster Woche erwartet, Stellung nehmen.
Die Grünen fordern eine unabhängige Kommission zur AufKlärung der Umstände, die zum Tod des jungen Afrikaners führten, und die baldigste Information der Öffentlichkeit. Die MigrantInnensprecherin der Wiener Grünen, Maria Vassilakou, dazu: "Unter keinen Umständen darf den Fall die heimische Polizei prüfen".