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[ 27. Oct 2008 ]

Verfahren zur Misshandlung von Bakary J. muss neu aufgenommen werden

bakary j

Der Verwaltungs- gerichtshof gab der Berufung des Disziplinaranwalts statt - die polizeiinterne Strafe war zu mild.

 

Für jene vier Wiener WEGA-Beamten, die im April 2006 den Schubhäftling Bakary J. in einer Lagerhalle schwer misshandelt hatten, könnte es nun doch gravierendere dienstrechtliche Konsequenzen geben. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat einer Berufung des Disziplinaranwalts stattgegeben, der die polizeiinterne Bestrafung der Beamten als zu milde bekämpft hatte.

Strafrechtlich waren die Polizisten wegen Quälens eines Gefangenen zu bedingten Haftstrafen zwischen sechs und acht Monaten verurteilt worden. Sie hatten dem 33-jährigen Gambier nach einer missglückten Abschiebung umfangreiche Frakturen von Jochbein, Kiefer und Augenhöhle zugefügt. In dienstrechtlicher Hinsicht sprach sich der Disziplinaranwalt deshalb für ihre Entlassung aus dem Polizeidienst aus, fand mit dieser Forderung bei den Disziplinarbehörden aber kein Gehör.

Die beim Bundeskanzleramt eingerichtete Disziplinar-Oberkommission reduzierte vielmehr in zweiter Instanz sogar bei drei Beamten die ursprünglich verhängten Geldstrafen. Ihre Suspendierung war zu diesem Zeitpunkt bereits aufgehoben, die Gesetzeshüter verrichteten zuletzt wieder Innendienst.

Der VwGH hat den Bescheid der Disziplinar-Oberkommission nun allerdings wegen "Rechtswidrigkeit seines Inhalts" aufgehoben, wie in der Entscheidung (Geschäftszahl 2007/09/0320) begründet wird. Die Disziplinar-Oberkommission habe "außer Acht gelassen, dass sie bei ihren Strafbemessungserwägungen sowohl von einem sehr hohen Unrechtsgehalt der Tat (...) als auch von einem hohen disziplinären Überhang auszugehen hatte". Die belangte Behörde habe im gegenständlichen Fall "die Schwere der Dienstpflichtverletzungen als zu gering eingeschätzt".

Mit den Feststellungen des VwGH hat das Disziplinarverfahren jetzt neuerlich aufgenommen zu werden. Zur Straffrage gibt der VwGH zu bedenken, "dass die Mitbeteiligten eine Scheinhinrichtung vorgenommen haben und die Tat eine schwere Traumatisierung des Häftlings zur Folge hatte". Dies müsse als besonders schwerwiegend gewichtet werden.

Zusätzlich wäre laut VwGH bei der Strafzumessung in Betracht zu ziehen, "dass die Mitbeteiligten die Dienstpflichtverletzungen offensichtlich vorsätzlich und auf vorbedachte und organisierte Weise vorgenommen haben". Aus spezialpräventiven Gründen sein es grundsätzlich nicht auszuschließen, "schon nach der ersten Dienstpflichtverletzung die Disziplinarstrafe der Entlassung auszusprechen, wenn diese Dienstpflichtverletzung - wie im vorliegenden Fall - sehr schwer ist".

Quelle: derstandard.at vom 27.10.2008