Am 6. Dezember 2010 wurden 45 Menschen mit einer Maschine von Aeroflot abgeschoben. Vom Abtransport beim Abschiebeknast Grünau bis zum Flughafen gab es Proteste. Die Abschiebung fand trotzdem statt, jedoch aufgrund eines Bombenalarms mit vier Stunden Verspätung.
Schon im Vorfeld der geplanten Abschiebung wurde mittels einer Email- und Faxkampagne für Unmut bei der Abschiebefluglinie Aeroflot gesorgt. Bei einer Samnelabschiebung am 29. November, bei der 46 Menschen abgeschoben wurden, gab es lautstarke Proteste am Flughafen.
Als um 5 Uhr morgens der Gefangenentransport vom Abschiebegefängnis Berlin Grünau startete, warteten Aktivist_innen vor den Toren, um den Bus zu stoppen. Nur ein paar hundert Meter weiter der nächste Blockadeversuch, der aufgrund des brutalen Vorgehens der begleitenden Polizist_innen nur ein paar Minuten dauerte. Am Flughafen protestierten weitere Aktivist_innen. Eine Bombendrohung verzögerte den Abflug um vier Stunden. Doch die Abschiebung konnte nicht verhindert werden. Deshalb demonstrierten einige Aktivist_innen noch vom Bhf. Friedrichstraße zur Berliner Zentrale der russischen Fluglinie Aeroflot Unter den Linden, wo es bereits am 29. November eine spontane Kundgebung gegen das Geschäft mit Abschiebungen gab.
Im folgenden dokumentieren wir zwei Berichte und drei Pressemeldungen (tw. gekürzt) zu den Protesten gegen die Sammelabschiebung am 6. Dezember 2010 in Berlin:
Abschiebung: kl. Störung durch Ankett-aktion
Um 5 Uhr morgens ist der Gefangenentransport aus dem Knast losgefahren. Ein paar hundert Meter weiter starteten Aktivist_innen eine Blockade.
Heute wurden ungefähr 50 Menschen, die zuvor im Berliner Abschiebeknast Grünau eingesperrt waren, nach Vietnam abgeschoben. Diese ist die zweite Massenabschiebung mit AEROFLOT nach Vietnam innerhalb der letzten 10 Tage.
Um 5 Uhr morgens ist der Gefangenentransport aus dem Knast losgefahren. Ein paar hundert Meter weiter starteten Aktivist_innen eine Blockade. Geplant war die Straße vor und hinter dem Bus zu
versperren. Beide Blockaden wurden mit Stahlseilen verstärkt. Leider hatten die Bullen eine Flex dabei und konnten deshalb innerhalb kurzer Zeit die Blockade schnell auflösen. Die Menschen wurden von der Straße geprügelt, aber immer wieder versuchten sie auf die Straße zu kommen. In der Zwischenzeit probierten weitere Aktivist_innen sich an die Reifen des Busses zu ketten. Auf Grund des brutalen Verhaltens der Bullen gelang dies nicht. Die ganze Aktion hat leider nur 5 Minuten gedauert. Etwas Sand in Getriebe der Abschiebemaschinerie. Es war die zweite Aktion während des Transports. Bereits vor dem Knast probierte auch eine andere Gruppe die Abschiebung zu verhindern.
Massenabschiegungen sind die Normalität in diesem Land. Wir werden das nicht akzeptieren und weiter Aktionen machen.
Dezentrale Aktionen machen!
Sei Kreativ!
Abschiebung ist Folter!
Abschiebung ist Mord!
Grenzen auf für alle Flüchtlige des kapitalistischen Krieges!
:: de.indymedia.org, 06. Dez 2010
Protest gegen Abschiebung in Schönefeld
Protestveranstaltung gegen die Abschiebung von 50 Vietnamesen nach Vietnam mit AEROFLOT vom Flughafen Berlin-Schönefeld
Am 06.12.2010 wurden über Berli Schönefeld etwa 50 Vietnamesen gegen ihren Willen nach Vietnam abgeschoben. Dabei machte sich die Aeroflot als Airline zum Helfer der bundesdeutschen Abschiebepraxis. Etwa 40 Personen demonstrierten sowohl im als auch vor dem Flughafen gegen die Abschiebung wurden durch ein massives Polizeiaufgebot abgeschirmt und daran gehindert in den Terminal zu gelangen.Der Protest verlief friedlich und wurde durch einige kreative Protestformen erweitert.
Bereits gegen vier Uhr morgens haben ein Dutzend Aktivisten den Bus an der Abfahrt vom Abschiebeknast Berlin-Grünau versucht zu hindern.
Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord.
:: de.indymedia.org, 06. Dez 2010 (mit Fotos)
Körting verteidigt Abschiebung eines erkrankten Vietnamesen
Innensenator Körting sagte am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, dass unter den 91 Vietnamesen, die am Montag und vor einer Woche ausgeflogen wurden, 19 aus Berlin waren. Alle seien bei Schleusungsversuchen aufgegriffen worden und nur kurz in Berlin gewesen. Einer sei seit 2006 hier gewesen, vier seit 2009, einer seit 2010 und der Rest seit 2008. Körting verteidigte die Abschiebung eines Mannes, der an Hepatitis erkrankt ist. Es sei ein Irrglaube, dass es nur in Deutschland eine medizinische Versorgung gebe, sagte Körting.
Vor dem Flughafengebäude hatten am Montagmorgen rund 50 Menschenrechtsaktivisten lautstark gegen die Abschiebung protestiert, die Polizei sprach drei Platzverweise aus. Schon in der Nacht hatte es Proteste von rund 20 Menschenrechtsaktivisten vor dem Berliner Abschiebegefängnis in Grünau gegeben. Von dort wurden die Vietnamesen zum Flughafen Berlin-Schönefeld gefahren.
Die Polizei drängte die Abschiebegegner von der Straße. Wenige hundert Meter weiter stoppten Aktivisten den Polizeibus erneut. Schon vergangenen Montag hatten antirassistische Gruppen vor dem Flughafengebäude protestiert: Damals waren ebenfalls 46 Vietnamesen abgeschoben worden. Unter ihnen befand sich ein 23-Jähriger, der an Hepatitis C leidet. Insbesondere Sammelabschiebungen sind umstritten. Flüchtlingsräte, antirassistische Gruppen und kirchliche Seelsorger kritisierten sie immer wieder scharf.
Tagesspiegel, 06. Dez 2010
Bombendrohung verzögerte Abschiebung
Wie schon vor einer Woche wurden gestern Vietnamesen mit einer Maschine der russischen Gesellschaft Aeroflot aus Deutschland ausgeflogen. Der Start verzögerte sich jedoch um mehr als vier Stunden. Bei der Nachrichtenagentur DPA sowie bei der Flughafengesellschaft waren Bombendrohungen eingegangen, in denen auf den Konflikt im russisch verwalteten Tschetschenien Bezug genommen wurde. Die Passagiere mussten wieder aussteigen, ihr Gepäck wurde erneut kontrolliert, doch kein Sprengsatz gefunden.
Märkische Allgemeine, 07. Dez 2010
Berlin: Erneut Massenabschiebung nach Vietnam. Blockaden und Protest am Flughafen
Berlin. Am Montag sind erneut 50 Vietnamesen aus Berlin abgeschoben worden. In den frühen Morgenstunden wurden sie mit einem Bus vom Berliner Abschiebegewahrsam in Grünau zum Flughafen Berlin-Schönefeld verfrachtet. Mehrfach gelang es Abschiebegegnern, das Fahrzeug zu blockieren, die Polizei räumte die Straße aber immer wieder frei. Am Flughafen fanden weitere Proteste statt.
Schließlich verzögerte auch eine Bombendrohung die Massenabschiebung. Alle 140 Passagiere der Aeroflot-Maschine nach Moskau, darunter die Vietnamesen, mußten den Flieger wieder verlassen. Gefunden wurde bei den Durchsuchungen allerdings nichts. Gewarnt hatte ein unbekannter Anrufer. Zugleich sei ein Schreiben per Fax an verschiedene Medien gegangen. Darin hätten sich tschetschenische Freiheitskämpfer der Tat bezichtigt, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Einen Zusammenhang zwischen der Warnung und den antirassistischen Protesten wollte er nicht ausschließen. An der zweiten Massenabschiebung nach Vietnam innerhalb von acht Tagen konnten allerdings weder Blockaden noch die Terrordrohung etwas ändern. (jW)
:: jungewelt.de, 07. Dez 2010