Seit Jahren wird zur Legitimierung der Verschärfung der Asylgesetze von "Missbrauch" gesprochen. Es gilt, Flüchtlinge möglichst rasch wieder los zu werden. Durch die mit 1. Juli 2011 in Österreich eingeführte Internierung in den Erstaufnahme- stellen soll dies "noch effizienter" von statten gehen.
In Inseraten bewirbt das Innenministerium die Gesetzesnovelle. Dort heißt es: "AB 1. JULI: NEUES FREMDENRECHT. MEHR SICHERHEIT." Die "Anwesenheitspflicht für Asylwerber[_innen]" wird als notwendig erklärt, um die Asylgründe überprüfen zu können, denn: "Wer nach Österreich kommt und Asyl haben will, braucht einen Asylgrund. Diesen Grund gewissenhaft zu überprüfen, ist unsere Pflicht. Die Pflicht der Asylwerber[_innen] ist es, in dieser Zeit einige Tage lang ständig anwesend zu sein." Dass es sich um eine Form der Internierung handelt, liegt auf der Hand, doch von den Schreibtischtäter_innen wird dies abgestritten. Sie argumentieren, dass dadurch die "Überprüfung noch effizienter" werde und "den Asylwerber[_inne]n rach Gewissheit über ihren Status" bringe. Dass es darum geht, Flüchtlinge zu isolieren und sie möglichst schnell unter größtmöglichem Ausschluss der Öffentlichkeit wieder außer Landes zu schaffen, wird nicht erwähnt. Doch wir wissen, dass es darum geht. Die Sicherheit von Flüchtlingen wird dadurch massiv gefährdet, denn die Abschiebung bedeutet für viele verstärkte Unsicherheit. Anstatt dies einzugestehen setzen die Behörden reden bei ihrer Propaganda auf den Sicherheitsdiskurs und behaupten, ihre Internierung "garantiert die größtmögliche Sicherheit für alle. Ab 1. Juli. Mir dem neuen Fremdenrecht." Der Sicherheitsdiskurs bedient sich zahlreicher rassistischer Stereotype und schließt an das Argument des "Asylmissbrauches" an, mit dem in ganz Europa seit einigen Jahren Stimmung gegen Flüchtlinge und Migrant_innen gemacht wird.
Laut Genfer Flüchtlingskonvention ein Verfahren zur Überprüfung der Asylgründe vorgesehen, doch die EU-Staaten verweigern dieses trotz Unterzeichnung der Konvention vielen Menschen. Wozu sonst gibt es ein "Zulassungsverfahren zum Asylverfahren"? Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in ihren Inseraten behauptet in ihren Inseraten: "Jeder Flüchtling, der wirklich Hilfe braucht, bekommt sie auch. Das ist uns wichtig." Wenn es so wichtig ist, dann stellt sich die Frage, warum Menschen noch bevor ihre Asylgründe geprüft wurden, der Zugang zu ebendiesem Verfahren verwehrt wird? Als Instrument dient die Dublin 2 Verordnung der EU, die vorschreibt, dass jener Dublin-Staat für die Durchführung des Verfahrens zuständig ist, in dem sich Flüchtlinge zuerst aufhalten. Ob sie dort sicher sind, spielt in den seltensten Fällen eine Rolle. Selbst die Urteile von europäischen Höchstgerichten, die das Dublin-System massiv in Frage stellen, änderten an dieser Praxis nichts. Die Behörden in Österreich weigern sich nach wie vor, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und die Verfahren in Österreich durchzuführen.
Dass es in Zukunft noch schwieriger sein wird, eine unabhängige rechtliche Beratung zu erhalten und gegen die Beschlüsse im Zulassungsverfahren Rechtsmittel einzulegen, ist zu erwarten. Denn durch die "Anwesenheitspflicht" im Zulassungsverfahren wird den Flüchtlingen der Zugang zu einer unabhängigen Rechtsberatung nahezu verunmöglicht. NGOs und Rechtsberatungsstellen wird, ebenso wie Journalist_innen, besorgten Menschen, aber auch Freund_innen und Verwandten, der Zugang zu den Erstaufnahmestellen untersagt.
Um gegen diese Praxis zu protestieren, ruft :: SOS Mitmensch am 30. Juni 2011, einen Tag vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle, zu einer Protestaktion vor der EAST Traiskirchen auf. Wir dokumentieren im folgenden die Ankündigung:
AVISO: Fotoaktion: SOS Mitmensch hisst schwarze Flagge in Traiskirchen
Utl. Donnerstag, 30. Juni, 10.30 vor dem Lager Traiskirchen
Mit dem Inkrafttreten des Fremdenrechtspakets am 1. Juli werden Freiheitsrechte, die in den vergangenen Jahrzehnten immer gewahrt wurden, zu Grabe getragen. Neu ankommende Flüchtlinge werden von nun an wie Personen behandelt, denen ein Verbrechen zur Last gelegt wird. Die Konsequenzen des Freiheitsentzugs in den ersten 5 bis 7 Tagen sind weit reichend, denn es sind entscheidende Tage im Zulassungsverfahren. Den Asylsuchenden wird die Möglichkeit genommen, außerhalb der Asylstellen Hilfe und Beratung zu suchen. Lebensperspektiven und manchmal in letzter Konsequenz auch Menschenleben stehen auf dem Spiel. Daher hisst SOS Mitmensch die schwarze Flagge vor Österreichs größter Asylstelle.
Wo: Vor der Erstaufnahmestelle Traiskirchen, Otto-Glöckel Straße 24
Wann: Donnerstag, 30. Juni, 10.30 Uhr