"I don't care if the Macedonian police kills us. Here in the camp we die slowly." Die Fliehenden in Idomeni und Camps in der Umgebung demonstrieren täglich. Der Schienenverkehr nach Mazedonien wird seit Tagen blockiert, Menschen traten in Hunger- und Durststreik, zwei Personen zündeten sich selbst an, vor einigen Tagen wurde die Autobahn blockiert.
Gestern demonstrierten Familien aus dem Militärcamp in Nea Kavala und heute gab es erneut Proteste im Camp in Idomeni. All das mit dem Ziel, dass die Grenzen nach Nord- bzw. Westeuropa geöffnet werden. Viele Menschen waren mit Gepäck aufgetaucht, in der Hoffnung, dass die Grenze tatsächlich geöffnet wird. Diese Hoffnung scheint jedoch vergeblich.
Seit Freitag stehen in und vor dem Camp in Idomeni zahlreiche Busse vom UNHCR, die die Flüchtenden in offizielle Camps nach Katerini und in andere Orte (angeblich getrennt nach Herkunftsland) bringen sollen. Der Großteil der Leute will nicht wieder in ein neues Lager und sie kündigen an, die Zugstrecke nach Mazedonien so lange nicht zu verlassen - und die Busse nicht zu betreten - bis die Grenzen geöffnet werden bzw. eine Möglichkeit besteht nach Nord-/West-Europa zu gelangen. Es gab auch Versuche, die abfahrenden Busse zu blockieren.
Die Stimmung zwischen den (12 000!) Geflüchteten ist nach unserem Eindruck und nach einigen Gesprächen - angesichts dieser Lage und im Gegensatz zu der Darstellung in manchen deutschen Medien - überwiegend gut und solidarisch. Das Camp ist geprägt durch die vielen Kinder, die überall auf dem Gelände spielen.
Zur Situation im Militärcamp in Nea Kavala
Das Militärcamp ist ein offizielles Camp der griechischen Regierung, befindet sich ca. 15 km entfernt von Idomeni und wird oft als Alternative zum Camp dort angepriesen. Es ist ausschließlich für flüchtende Menschen aus Syrien und dem Irak vorgesehen.
Uns wurde von Flüchtenden aus dem Camp berichtet, dass es kein sauberes Wasser gibt und mindestens zehn Kinder deshalb wegen starker Magen-Darm-Beschwerden im Krankenhaus behandelt werden mussten. Es gibt kaum Schutz gegen Kälte, Nässe und Schmutz, der Boden ist schlammig, die Zelte sind überfüllt und Möglichkeiten zur Körperhygiene sind quasi nicht gegeben. Die Zustände sind vergleichbar mit denen im Camp in Idomeni und nicht, wie offiziell behauptet und in Medien häufig so dargestellt, um einiges besser und komfortabler. Das eingezäunte Gelände wird vom griechischen Militär bewacht, es ist nicht gestattet, Foto- oder Videoaufnahmen zu machen, auch nicht von außen. Und noch weniger ist es möglich, das Camp als Unterstützer*in gar zu betreten. Das wurde einem Teil von uns auch sehr schnell deutlich gemacht, die Polizei nahm drei Unterstützer*innen vom Soliconvoy mit auf die Wache, nachdem sie sich vor Ort ein Bild von der Situation machen wollten. Nach der Personalienfeststellung konnten sie wieder gehen.
Die Unterstützungsarbeit
Das Camp in Idomeni und umliegende kleinere Camps werden größtenteils durch selbstorganisierte Gruppen und einige größere NGOs organisiert. Zentraler Ort der Unterstützungsstruktur ist das Park Hotel bei Polykastro. Ankommende Unterstützer*innen / Aktivist*innen können entweder eigene Projekte starten oder sich bestehenden Strukturen anschließen. Die Motivationen der Personen, die hier her kommen sind sehr unterschiedlich - teils gehen sie mit politischen Forderungen, wie die Öffnung aller Grenzen einher, teils nur zu Katastrophenabwehr.
Viele Gruppen beschäftigen sich mit Essens- und Kleidungsverteilung. Daneben gibt es viele, die sich um die medizinische Versorgung kümmern und die Menschen direkt aufsuchen, da die Barrieren, sich an staatliche Krankenstation zu wenden, für viele Menschen sehr hoch sind. Dazu gibt es eine Reihe von Menschen, die sich mit Berichterstattung beschäftigen. Im Camp gibt es Gruppen, die versuchen Zelte auszubessern, die Müll zu sammeln aber auch solche, die mit den vielen Kindern Quatsch machen. In Gesprächen mit Flüchtenden wird versucht Infos über die aktuelle Situation weiterzugeben. Daran gibt es von Seiten der Geflüchteten viel Interesse, da vielen völlig unklar ist, wieso mit ihnen so umgegangen wird und was ihre Perspektive ist.
Daher weiterhin: Unterstützt die Kämpfe der Geflüchteten in Idomeni und Überall! Protest ist jetzt wichtig - nicht nur hier vor Ort, sondern überall in Europa! Zeigt euch solidarisch!
Für eine solidarische Gesellschaft und Bewegungsfreiheit für alle!
Artikel zuerst veröffentlicht am 28. Mar 2016 auf :: linksunten.indymedia.org (dort gibt es noch ein paar Fotos).