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[ 06. Oct 2016 ]

Bericht über eine Verschleppung nach Kongo

28. September 2016 im Regionalgefängnis Bern. Es ist drei Uhr in der früh. Sieben Polizisten stürmen in eine Zelle. Sie schreien, verbreiten Stress, packen JD. Für ihn beginnt der tragische vorerst letzte Abschnitt seines fünfjährigen Kampfs gegen Illegalisierung in der Schweiz.

 

Ganzkörpergefesselt transportieren die Behörden JD zum Flughafen Kloten. Dort wird er in die Maschine einer osteuropäischen Airline getragen. Anrufe sind keine erlaubt. Jedes Schreien bringt nichts mehr. Für Personen, die trotzdem Widerstand leisten, stehen Schutzhelme bereit. Ein Arzt überwacht das Ganze. Schliesslich sollen ja die Menschenrechte nicht zu kurz kommen. Bei JD stellt er hohen Blutdruck fest. Nach Einholen von JDs Einverständnis spritzt ihm der Arzt ein Beruhigungsmittel.

Um ca. sieben Uhr morgens startet die Maschine mit sechs weiteren Kongoles_innen Richtung Brüssel. Dort wird umgeladen. Zusammen mit weiteren abgewiesenen kongolesischen Geflüchteten, die in anderen EU-Ländern Asyl beantragt haben, bringen die Behörden JD in einen Militärcharter der belgischen Armee. Einige Stunden später startet die Maschine Richtung Kinshasa.

Auch während des Zwischenstopps auf einer spanischen Inseln im Pazifik ist es nicht möglich Verwandte, Bekannte oder Anwält_innen anzurufen, um sie über die Verschleppung oder die Ankunftszeit in Kongo zu informieren. Dies, obwohl es so versprochen wurde.

In Kinshasa überreichen die europäischen Behörden die Laissez-Passer-Dokumente der Verschleppten an die kongolesischen Behörden. Es scheint so, als würden die Behörden die Maschine gar nicht erst verlassen wollen. Von aussen rufen die kongolesischen Behörden die Namen der Verschleppten auf. Diese müssen dann das Flugzeug verlassen. Plötzlich entsteht Unruhe. Offenbar befinden sich unter den Verschleppten nicht nur Kongoles_innen, sondern auch Angolaner_innen. Die kongolesischen Behörden beharren darauf, dass die europäischen Behörden für deren Weiterflug nach Angola aufkommen. Dies wird ausserhalb der Maschine verhandelt.

Die Verschleppten werden per Flughafenbus zur kongolesischen Registrierungsstelle gebracht. Alle werden fotografiert und mit der staatlichen Datenbank abgeglichen. Die Anspannung ist sehr gross, doch die Situation ist unübersichtlich. So gelingt es JD zu flüchten, bevor er von den Behörden registriert wurde. So schnell wie möglich verlässt er die Hauptstadt und taucht unter. Derzeit befindet er sich im Kongo, doch angesichts der angespannten Lage im Kongo fühlt sich JD nicht sicher und muss das Land eventuell schon bald wieder verlassen.

Dieser Bericht wurde vom Bleiberecht-Kollektiv Bern verfasst und stützt sich auf Aussagen von JD.


Die Zahnräder der rassistischen Verschleppungsmaschinerie haben sich trotz Widerstand gedreht


Medienmitteilung des Bleiberecht-Kollektiv Bern

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat heute, Mittwoch, 28.09.2016, unseren Mitaktivisten JD und weitere Kongoles_innen per Sonderflug in die Demokratische Republik Kongo (DRK) verschleppt. Dies obwohl die Regierung Kabila seit Wochen gegen Oppositionelle vorgeht, diese tötet und verhaftet. Bisher haben wir keine Nachricht von JD und den anderen Zwangsausgeschafften. Ihnen droht Gefängnis und Folter. Die schweizer Behörden sind mitverantwortlich. Morgen Donnerstag um 18 Uhr findet in Bern eine Protestaktion gegen diese und künftige Verschleppungen in den Kongo statt.

Zwangsausschaffung
Am Mittwoch, den 28. September hat ein vom SEM organisierter Sonderflug mit Geflüchteten aus der DRK stattgefunden. Die Menschen werden gefesselt und wenn nötig mit Gewalt in das Flugzeug gesteckt und deportiert. Einer der Zwangsausgeschafften ist der Aktivist JD. Er hat in der Schweiz und im Kongo politisch gekämpft. JD. musste als Aktivist der "combattant", einer oppositionellen Gruppe des Präsidenten Joseph Kabila, vor Gefangenschaft oder Tod fliehen.

Gefährliche Lage in DRK
Die demokratische Republik Kongo ist ein Pulverfass. Der aktuelle Präsident Kabila will sein Amt nicht abtreten und versucht die Neuwahlen zu verschieben. Seit Jahren geht Kabilas Regierung mit harter Repression gegen oppositionelle Gruppierungen vor. Vergangene Woche kamen bei Protesten gegen den Präsidenten über 50 Menschen ums Leben weitere wurden verhaftet. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon und viele mehr verurteilen die Gewalt. Das EDA rät von Reisen in den Kongo ab. Dass zwangsausgeschafften Asylsuchenden in die Demokratische Republik "Folter mit Diskretion" erwarten könnte, ist bereits seit Längerem bekannt.

Das SEM hätte keinen Sonderflug in die Demokratische Republik durchführen dürfen. All das ist dem Staatssekretariat für Migration bekannt. Trotz Blutbad und angespannter Lage im Kongo hat die Schweiz den Sonderflug von über 30 Kongolesinnen und Kongolesen - viele ebenfalls von der Opposition - durchgeführt. Ein Sonderflug in die DRK ist "unzumutbar" und nicht zu rechtfertigen!

Bericht und Medienmitteilung veröffentlicht von :: Bleiberecht-Kollektiv Bern