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[ 30. Aug 2018 ]

„Lasst sie eine Lehre machen“: Trotz Bedarf kein Recht auf Arbeit

Versperrter Zugang zu Arbeit

Asylwerber _innen werden weiter ausgeschlossen: Die Regierung in Österreich will den „Lehrlingserlass“ aus 2012 außer Kraft setzen, der Asylwerber_innen den Zugang zur Lehre in Mangelberufen erlaubt. Informationen und Appell an die Bundesregierung.

 

Während überall in Österreich Arbeitgeber_innen gegen die Abschiebung ihrer Lehrlinge protestieren, gießt die rechtsextreme Bundesregierung unter Kanzler Kurz (ÖVP) weiter Öl ins Feuer. Sie will an den Abschiebungen festhalten und - wohl um weiteren Protesten entgegenzuwirken - generell den Zugang für Asylwerber_innen zur Lehre unterbinden, indem sie den „Lehrlingserlass“ außer Kraft setzt. Dieser ermöglichte Asylsuchenden seit 2012 eine Lehre in Mangelberufen.

Im folgenden Stellungnahmen der asylkoordination und von SOS Mitmensch, die Sicht der ÖVP-nahen Wirtschaftskammer, und ein Appell der Initiative "aufstehn" an die Regierung: „Lasst sie eine Lehre machen!“


asylkoordination verurteilt weitere Desintegration von AsylwerberInnen


Die asylkoordination verurteilt den Plan der Regierung den Lehrlingserlass außer Kraft zu setzten aufs Schärfste. Diese Maßnahme ist ein weiterer Schritt zur nachhaltigen Desintegration von jungen Flüchtlingen. Sie werden so - auch nach Zuerkennung eines Schutzstatus - auf Niedriglohnsektoren festgenagelt, wo sie gezwungen werden zu schlechten Bedingungen zu arbeiten und so unfreiwillig zu Lohndumping beitragen.

Außerdem sind diese Jobs extrem unsicher - bei jedem Konjunktureinbruch droht die Arbeitsosigkeit. So werden die angeblich unerwünschten Parallelgesellscchaften bewusst erzeugt, weil Teilhabe an der Gesellschaft nicht möglich ist und auch signalisiert wird, dass diese nicht erwünscht ist. Wir fordern nicht nur die Beibehaltung des Lehrlingserlasses sondern auch die Ausweitung auf alle Berufe und einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt auch für erwachsene AsylwerberInnen, so wie es im Ausländerbeschäftigungsgesetz eigentlich vorgesehen ist.

:: asylkoordination österreich (27. Aug 2018)


SOS Mitmensch: Vernichten Sie nicht die Chancen junger Menschen!

Versperrter Zugang zur Lehre öffnet tiefe Leere

SOS Mitmensch übt scharfe Kritik an der von der Bundesregierung geplanten Blockade des Zugangs zur Lehre für junge Asylsuchende. Eine solche Zugangsblockade würde Integration torpedieren und die Chancen junger Menschen vernichten, so die Menschenrechtsorganisation.

„Wer den Zugang zur Lehre versperrt, öffnet das Tor zu tiefer Leere. Es droht ein Rückfall in die integrationspolitische Steinzeit“, zeigt sich Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, fassungslos über die Entscheidung der Bundesregierung, jungen, motivierten Asylsuchenden den Zugang zur Lehre zu versperren.

Pollak verweist darauf, dass der Zugang zur Lehre für Asylsuchende in Berufen, in denen es einen Lehrlingsmangel gibt, vielen jungen Menschen den Weg in die Beschäftigung geöffnet hat.

„Offenbar hat diese Bundesregierung kein Interesse an Erfolgsgeschichten. Dabei war Sebastian Kurz gestern noch der Integrationsstaatssekretär, der Erfolgsgeschichten präsentiert hat. Heute droht er zu dem Bundeskanzler zu werden, der gemeinsam mit der FPÖ Erfolgsgeschichten verhindert und zerstört. Was für eine tragische Verirrung“, so Pollak.

:: SOS Mitmensch (26. Aug 2018)


Was sagt die Wirtschaft?


In der aktuellen Ausgabe der Wiener Wirtschaft #35 ist zur "Diskussion um Asyl-Lehre" zu lesen:

„Nach ihrer Ankündigung, Asylwerber[*innen] dürften künftig keine Lehre mehr beginnen, will die Regierung nun die Rot-Weiß-Rot-Karte für die Lehrausbildung öffnen. Damit sollen ausgewählte Drittstaatenangehörige in Mangelberufen Zugang zu einer Lehre in Österreich bekommen. Menschen mit einem positiven Asylbescheid dürfen weiterhin eine Lehre in Österreich absolvieren.“

Keine kritischen Worte von Seiten der ÖVP-nahen Wirtschaftsvertreter*innen, die eigentlich die Bemühungen zahlreicher Betriebe unterstützen sollte, die Asylwerber_innen eine Lehrstelle bieten. Denn immer wieder werden die sich in Ausbildung befindenden Arbeitskräfte einfach abgeholt und abgeschoben. Viele Betriebe sagen immer wieder, dass sie keine Arbeitskräfte finden - und sehr zufrieden sind von der Tätigkeit der jugendlichen Asylwerber*innen.

Anstatt gegen die Abschiebung von Lehrlingen einzutreten und die Beibehaltung des Lehrlingserlasses und dessen Ausweitung auf alle Berufe samt effektivem Zugang zum Arbeitsmarkt auch für erwachsene AsylwerberInnen zu fordern, bleibt die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) brav auf Regierungslinie:

Da die Wirtschaft den Fachkräftemangel immer stärker spüre werden neue Selektionsmechanismen zur Anwerbung von Arbeitskräften aus Drittstaaten gefordert. Die WKÖ hat zur Eruierung des Bedarfs an Fachkräften eine umfassende Betriebsbefragung in Auftrag gegen, deren Ergebnisse im Herbst in Form eines „WKÖ-Fachkräfte-Radars“ vorliegen sollen. WKÖ-Präsident Harald Mahrer, Ex-Minister und Freund von Kanzler Kurz, dazu in der Wiener Wirtschaft: „Angesichts des größer werdenden Fachkräftemangels, der sich quer durch alle Branchen zieht, brauchen wir sehr rasch ein Gesamtpaket für den zukünftigen Zugang für Jugendliche aus Dritt-Staaten. Hier fordern wir eine zügige Lösung, die wir gerne gemeinsam mit der Regierung und dem Arbeitsmarktservice (AMS) erarbeiten”. Der Fokus auf die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte müsse verstärkt, das Potenzial der heimischen Erwerbsbevölkerung ganz gezielt und effizient gefördert werden.


„Lasst sie eine Lehre machen!“

Appell der Initiative "aufstehn":

"Die Bundesregierung will AsylwerberInnen den Zugang zur Lehre verbieten. Ein Erlass aus 2012 hat bisher AsylwerberInnen erlaubt, eine Lehre in Mangelberufen zu machen. Damit wurde eine Möglichkeit für Unternehmen geschaffen, dringend benötigte Lehrlinge als Fachkräfte auszubilden.

Wenn die Bundesregierung diesen Erlass zurücknimmt, verlieren österreichische Wirtschaftstreibende wichtige Fachkräfte und AsylwerberInnen ihren Zugang zu Bildung und Ausbildung und damit auch zur Integration am Arbeitsmarkt.

Noch diese Woche soll endgültig über eine Neuregelung entschieden werden.

Wir wollen, dass AsylwerberInnen weiterhin eine Lehre absolvieren dürfen. Unterzeichne deshalb jetzt unseren Appell an Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und an Bundeskanzler Sebastian Kurz!"

:: Den Appell der Initiative "aufstehn" hier unterstützen