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[ 12. Jul 2001 // letzte änderung: 12. Jul 2001 ]

Schengen, Europol, Eurodac und EU-Überwachungspläne

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1985 trafen Deutschland, Frankreich und die Benelux Staaten eine Vereinbarung in der kleinen Stadt Schengen in Luxemburg. Die Vereinbarung zielte auf die gegenseitige Anerkennung von Visa und eine verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit.

 

Schengen Informations System (SIS)

Der Hauptpunkt der Vereinbarung bestand darin, die nationalen Grenzkontrollen zwischen den Ländern abzubauen, während gleichzeitig entlang der Aussengrenzen die Kontrollen verstärkt werden sollten.

1990 trafen dieselben Länder ein neues Abkommen, wieder in Schengen. Dieses Abkommen ist als Schengen-Konvention bekannt und es erfüllt die Vereinbarungen von 1985. Es regelt eine Reihe kritischer Fragen zu Grenzkontrollen und grenzüberschreitenden Fahndungen sowie zum grenzüberschreitenden Datenaustausch einschließlich der Erfassung von Personen und Objekten. Das Abkommen ermöglicht eine weitreichende Erfassung und überwachung großer Bevölkerungsgruppen in den betroffenen ländern. Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und Österreich schlossen sich der Vereinbarung an. Großbritannien und Irland hielten sich zunächst zurück, da sie ihre nationalen Grenzkontrollen beibehalten wollen.

Am 20. Mai 1999 bat Großbritannien formell darum, am SIS teilnehmen zu können, Irland folgte kurze Zeit später. 1999 ergab sich eine wichtige Veränderung. Am 1. Mai trat der Amsterdamer Vertrag in Kraft, der von den EU-Aussenministern am 2. Oktober 1997 unterzeichnet worden war. Mit ihm wurde das Schengen-System in die EU-Strukturen, teilweise in den ersten Pfeiler, teilweise in den dritten Pfeiler integriert.
Der Schengen-Exekutivausschuss wurde durch den Rat für Justiz und Inneres ersetzt. Diese Integration erweitert den Einfluss verschiedener Schengen-Vereinbarungen wie die datenbasierte Erfassung und das überwachungssystem. Hinzu kommt, dass sich nun die ganze Schengen-Organisation auf hunderte von EU-Einrichtungen und Arbeitsgruppen verteilt und sich in Zehntausenden von EU-Dokumenten niederschlägt.

Damit werden die Schengen-Aktivitäten, die bereits vorher nur sehr schwer zu verfolgen waren, künftig noch schwieriger zu untersuchen und zu kritisieren sein - zumindest für Aussenstehende. Die nordischen EU-Mitgliedsstaaten - Finnland, Schweden und Dänemark - haben ebenfalls Schengen ratifiziert, die nordischen Nicht-EU-Mitgliedsstaaten - Norwegen und Island - haben eine so genannte Kooperationsvereinbarung mit der EU abgeschlossen.

Aufgrund von Schengen entsteht ein weitreichendes System und Netzwerk polizeilicher Zusammenarbeit, Datenerfassung und Überwachung - von Island im Norden bis zum Mittelmeer im Süden, von der Spitze von Portugal im Westen bis zur deutsch-polnischen Grenze im Osten. Das ist zu Beginn des Jahres 2000 eine Realität. Da das Schengen-Abkommen die Grenzkontrollen an den gemeinsamen Aussengrenzen verstärkt, ermöglicht es verschiedene Arten verdeckter Polizeiaktionen, dazu gehört auch die grenzüberschreitende Kooperation.

So autorisiert Artikel 40 die Observation über nationale Grenzen hinweg bei Personen "die unter dem Verdacht stehen eine Straftat begangen zu haben". Das Schengen-Informationssystem (SIS) Mit dem Schengen-Informationssystem (SIS) verfügen europäische Strafverfolger bereits über ein einheitliches und erfolgreiches polizeiliches Fahndungsinstrument.

Das SIS hat ein Gesamtvolumen von rund 9,5 Millionen Fahndungsdatensätzen, Tendenz steigend. Dabei handelt es sich überwiegend um Sachfahndungsausschreibungen. In der Personenfahndung sind derzeit 10.000 Straftäter zur Festnahme zwecks Auslieferung und circa 750.000 zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben (Stand Juni 2000).

Nach Auskunft von Klaus-Henning Schapper, Staatssekretär im deutschen Bundesinnenministerium, konnten 1998 "rund 8.500 Fahndungstreffer aufgrund deutscher Ausschreibungen in anderen SIS-Teilnehmerstaaten registriert werden". Umgekehrt führten die Fahndungsnotierungen anderer Schengen-Staaten zu "über 4.600 Treffern in Deutschland". Nach Ansicht von Schapper müssen sich künftig "Schengen und Interpol im Bereich der Fahndung ergänzen". Für ihn ist es "wichtig, dass der geplante Zusammenarbeitsvertrag zwischen Europol und Interpol zügig vorangebracht wird".

Europol, die G-8-Staaten und die Financial-Action-Task-Force (FATF) planen, künftig Informationen über verdächtige Geldwäschetransaktionen aufeinander abzustimmen.
Das Schengen-Informationssystem hat eine zentrale Datenbank in Straßburg, sowie nationale SIS -Datenbanken in allen Schengen-Staaten. In allen Datenbanken sind dieselben Daten gespeichert. 1995 hatten 30.000 Computer in den sieben Schengen-Staaten Online-Zugang über ihre nationalen SIS-Datenbanken zum Schengen-Informationssystem.

1997 gab es nach Angaben des Statewatch European Monitor (www.statewatch.org) in den neuen Schengen-Staaten bereits 48.700 Zugangsknoten. Am 26. März 1996 wurden nahezu 3,9 Millionen Datensätze gespeichert. Deutschland und Frankreich waren die Hauptnutzer. Informationen über hunderttausende von Personen wurden gespeichert, damals wurde die Kapazität des Systems auf neun Millionen Einträge geschätzt. Für jedes folgende Jahr stiegen die Zahlen: Von 5,6 Millionen 1997 bis zu 8,8 Millionen 1998.

Erweiterungen wie die Integration der nordischen Länder in das System sind geplant. In einem Bericht des deutschen Innenministeriums von 1997 wird folgendes über die Integration der nordischen Staaten gesagt: "Es wurde beschlossen, das SIS komplett einem Redesign zu unterwerfen, um die fünf nordischen Staaten zu integrieren. Der Integration der nordischen Staaten wird eine zweite technische Generation des SIS folgen. Dieses neue SIS II wird so ausgelegt, dass die Integration künftiger Mitgliedstaaten jederzeit technisch möglich sein wird."

Sirene

Das SIS ist nur ein System für den Informationsaustausch in Schengen, das andere System heißt Sirene, eine Abkürzung für Supplément d´Information Requis a l´Entrée Nationale. Sirene soll den bilateralen und multilateralen Austausch erleichtern sowie ergänzende Informationen über Personen und Objekte, die im SIS registriert sind, liefern.

über das Sirene-System können Polizeibehörden in einem Land über eine Person, die im SIS eines anderen Landes registriert ist, zusätzliche Ergänzungsinformationen anfordern. Das SIS speichert ziemlich begrenzte und standardisierte Informationen. Die nationalen Sirene-Einheiten können hingegen mit weitreichenden, nicht-standardisierten Informationen oder "weichen" Daten umgehen. Auch von den Leuten, die in den Sirene-Büros arbeiten, wird explizit betont, dass solche Informationen sehr unpräzise sein können und nahezu alles beinhalten können.
Der Direktor des portugiesischen Sirene-Büros sagte im norwegischen Fernsehen über das Sirene-System im März 1997 folgendes: "Die Konvention bestimmt, wer Zugang zu dem System hat. Generell hat die Polizei Zugang. Sie sind natürlich auf Flughäfen und in Seehäfen und können Mobiltelefonate abhören. Jederzeit haben sie zu den Informationen Zugang. (...) Es ist ein schnelles System. Es ist auf dem neuesten Stand. Es gibt Massen von Informationen. Und natürlich ist das System effizienter als das traditionelle Interpol-System." Informationen über Sirene werden in der Arbeitssprache Englisch ausgetauscht. Da es nicht die Sprache des Schengen-Landes ist, wird es "Schenglisch" genannt.

Das Sirene-System formalisiert und legitimiert den Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden in den verschiedenen Staaten. Es gibt ein umfassendes Handbuch das, wie bereits zuvor erwähnt, geheim gehalten wird. Teile des Handbuches wie auch Zusammenfassungen sickerten an die Öffentlichkeit und wurden bereits veröffentlicht. Laut Handbuch kann die Kommunikation zwischen den Sirene-Büros mündlich oder schriftlich erfolgen, aber auch über Bilder (Fotos, Fingerabdrücke). Der Text- und Bilderaustausch erfolgt über das Sirene-eigene Email-System, für die mündliche Kommunikation wird das Telefon benutzt. Die Sirene-Büros sollen Anfragen "so schnell wie möglich" beantworten: "Die Zeit sollte zwölf Stunden nicht überschreiten".

Zu den übermittelten Informationen gehören laut Artikel 46 des Schengen-Abkommens alle Informationen "von Interesse, um künftige Verbrechen zu verhindern und Straftaten gegen oder Bedrohungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern". Dies bedeutet, dass kein konkreter Verdacht vorliegen muss.

Der Artikel ermöglicht den bilateralen und multilateralen Austausch von Informationen bei sehr diffusen Angelegenheiten, die sicherlich auch politische Aktivitäten beinhalten, wenn sie als Bedrohung definiert werden.
Wie auch das SIS wird das Sirene-System ständig erweitert. Das Arbeitsprogramm des deutschen Schengen-Vorsitzes im Herbst 1998 sah vor, "den Informationsaustausch auf der Basis der endgültigen Implementierung des Sirene-Netzwerkes, Phase II, zu modernisieren und zu beschleunigen".

Präventive Verbrechensbekämpfung?

Unterschiedliche europäische Behörden behaupten immer wieder, dass der Zweck von Schengen die Bekämpfung herkömmlicher, schwerer, internationaler Verbrechen ist. Auch die Schengen-Behörden selbst haben beispielsweise im Arbeitsprogramm des Österreichischen Schengen-Vorsitzes im Herbst 1997 die Bekämpfung des internationalen Verbrechens hervorgehoben.

Die Fakten sehen jedoch anders aus. Statistische Informationen aus Deutschland sowie statistische Informationen und Berichte von Schengen zeigen, dass sich das Schengen-System zu einem großen Ausmaß mit Identitätsausweisen und unerwünschten Ausländern beschäftigt, wie beispielsweise Asylsuchenden, denen die Einreise verweigert wurde und die in den Untergrund gegangen sind.
Die Zahlen zeigen, dass die Schengen-Grenzkontrolle hinsichtlich des organisierten Schleusertums komplett versagt. Von 563.423 Kontrollmaßnahmen an den Aussengrenzen bezogen sich 41 Prozent auf die Einreiseverweigerung von Drittstaaten, 28,5 Prozent auf Bürger von Drittstaaten ohne Aufenthaltsgenehmigung nahe der Grenze, 24,5 Prozent auf die Rückkehr von Drittstaaten-Bürger in Drittländer, 3 Prozent auf Drittstaaten-Bürgern mit Besitz gefälschter Dokumente und lediglich 0,5 Prozent auf festgenommene Schleuser.

Obwohl auch Inländer vom Schengen-System betroffen sind, werden Ausländer vermutlich in der Zukunft die Hauptbedrohung für die öffentliche Ordnung und die Staatssicherheit darstellen: Die muslimische "Bedrohung" beispielsweise stellt "einen neuen Feind" nach dem Untergang der Sowjetunion und dem Verschwinden "der kommunistischen Bedrohung" dar. Aus diesem Grund wurde Schengen auch als "Festung Europa" bezeichnet.

Der "Entwurf des Schengen-Handbuchs zur polizeilichen Zusammenarbeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" lässt auf eine stärkere Kooperation in der Zukunft schließen. So können Polizeibehörden "gemeinsame Kommando- und Koordinationszentren" einrichten. In der Erklärung des Exekutiv-Komitees vom 16. September 1998 wird dasselbe angedeutet: So wird die Schengen-Zentralgruppe angewiesen "zu untersuchen, ob die Beratung und Unterstützung durch die Beamten eines Vertragstaates im Rahmen der Kontrollen der Aussengrenzen durch einen anderen Vertragsstaat die Sicherheit der äußeren Schengen-Grenzen verbessern würde" und "falls notwendig schnell einen Plan zu entwerfen für eine entsprechende Entsendung von Verbindungsoffizieren an die Aussengrenzen".

Im Klartext bedeutet dies, dass beispielsweise ein deutscher Verbindungsoffizier entlang der italienischen Küste stationiert werden kann. Offensichtlich besteht der nächste logische Schritt darin, eine gemeinsame Polizeieinheit an den Schengen-Grenzen zu installieren, die mit der Umsetzung des Amsterdamer Vertrages möglicherweise in das entstehende Polizeikorps von Europol integriert werden kann.

Zwar gibt es das Schengen-System erst seit einigen Jahren, aber es gibt bereits konkrete Beispiele dafür, dass das System direkt für politische Zwecke eingesetzt wurde. So wurde im September 1998 einer Greenpeace-Aktivistin, die gegen die französischen Atombombentests 1995 protestiert hatte und von Frankreich als unerwünscht deklariert wurde, die Einreise in die Niederlande verweigert. Sie wurde im Amsterdamer Flughafen Schipol festgehalten. Grund: Sie war zu einer "unerwünschten Ausländerin" laut Artikel 96 des Schengen-Abkommens erklärt worden.

Ein weiteres Beispiel: Während des EU-Gipfels in Amsterdam im Juni 1997 gab es politische Demonstrationen. Nach Angaben der Polizei wurden 609 Personen verhaftet. Tatsächlich wurden mehr Leute in Haft genommen, darunter auch eine Gruppe von Italienern, die verhaftet und abgeschoben wurde. 29 Dänen wurden verhaftet und nach Dänemark mit Hilfe eines Militär-Flugzeuges abgeschoben, das von einem Kampfflugzeug eskortiert wurde. Die dänische Konsulin in Amsterdam protestierte, da es ihr nicht erlaubt war, die in Gewahrsam genommenen Dänen zu besuchen. Mehrere schwedische Bürger wurden ebenfalls abgeschoben. später wurde Opfern von Polizeibrutalität Schadensersatz gewährt.

Für dieses Beispiel kann nicht ohne Zweifel dokumentiert werden, ob das Schengen-Informationssystem oder das Sirene-System benutzt wurden oder ob Demonstranten in diesen Systemen für spätere Zwecke registriert wurden. Es ist höchstwahrscheinlich, dass eine Registrierung stattfand, da die Demonstrationen direkt gegen zentrale Einrichtungen der EU gerichtet waren. Beobachter sahen diese Polizeiaktionen, die auch unter Einsatz von Helikoptern und gepanzerten Fahrzeugen durchgeführt wurden, als groß angelegtes Trainingsmanöver zum Schutz der mächtigen EU-Institutionen.

Datenschutz?

Die Sirene-Büros in den verschiedenen Ländern verwalten auch die nationalen SIS-Datenbanken. Soweit es Sirene betrifft, gibt es keine allgemein gültigen Datenschutzregelungen, da Sirene ja nicht einmal im Schengen-Abkommen erwähnt wird. Dies wurde auch als ernster Fehler von der "gemeinsamen Supervisionsbehörde" (Joint Supervisory Authority - JSA) bezeichnet. Für SIS gibt es allerdings spezielle Datenschutzregelungen im Abkommen.

Das Problem des sogenannten "SIS-Super-User"

Bei der JSA handelt es sich um eine Behörde zur Kontrolle des SIS . Tatsächlich verfügt sie praktisch über keine Kontrollmöglichkeiten und kann keine Sanktionen verhängen. In einer Anhörung des norwegischen Parlaments sagte Georg Apenes, Direktor der norwegischen Überwachungsbehörde, dass das JSA nicht einmal über ein Telefon verfüge.

In ihrem ersten Bericht von 1997, der den Zeitraum von März 1995 bis März 1997 behandelte, sprach die JSA auch das Problem des sogenannten "SIS-Super-User" an: Dabei handelt es sich um Nutzer, die nicht nur Zugang zu jeder Datei im System haben, sondern die auch ohne Spuren zu hinterlassen Dateien verändern können. Die verschiedenen Datenschutzregelungen bezeichnete die JSA als "rechtliches Labyrinth".

In ihrem zweiten Bericht von 1998 stellt die JSA fest, dass es "größere Schwierigkeiten hinsichtlich der Integrität" der Daten gäbe. Im November und Dezember 1997 zeigte ein Fall die fehlende Kontrolle der JSA über das SIS-System auf: Geheime Dokumente mit sensiblen persönlichen Daten wurden in einem belgischen Bahnhof gefunden. Die Dokumente waren jedem Passanten zugänglich. Auch wurde sensibles Material in einer Wohnung eines verhafteten Belgiers beschlagnahmt. Der dänische Justizminister Frank Jensen bezeichnete dies als "ernste Sicherheitslücke im SIS".

Im Dezember 1997 kündigte die belgische Schengen-Präsidentschaft schließlich an, "den Datenschutz zu einer Priorität" zu machen.

Weitere Systeme

Schengen ist nicht das einzige Europäische Informationssystem. In den 90er Jahren gab es eine ganze Reihe weiterer Vorschläge, Entwürfe und tatsächlicher Einrichtungen von Registrierungs- und Überwachungssystemen in Europa. Der Überwachungsstaat wird bald zur Realität. Schengen scheint ein Kernsystem zu sein, auf das sich andere Systeme beziehen. Dazu gehören das Eurodac-System, EIS sowie die Europol-Datenbank.

Das Dublin-Abkommen, das sich auf Asylfragen beschränkt, führt zur Einrichtung des so genannten Eurodac-Registers. Eurodac speichert die Fingerabdrücke von Asylsuchenden, aber auch andere persönliche Daten. Es soll zu einem "Europäischen Zentralregister" werden. Geplant ist eine Registrierung aller Asylsuchenden über 14 Jahren in allen EU-Mitgliedsstaaten. Die Fingerabdrücke sollen bis zu zehn Jahre gespeichert werden können.

Falls eine Person Bürger eines Mitgliedstaates wird, sollen die Dateien gelöscht werden. Auch die Dateien von Flüchtlingen, denen ein Flüchtlingsstatus nach dem UN-Flüchtlingsabkommen gewährt ist, sollen vom allgemeinen Gebrauch ausgeschlossen werden und nur für statistische Zwecke verwandt werden dürfen.
Bei seiner Sitzung am 3. und 4. Dezember 1998 kam der Rat für Justiz und Inneres zu der Übereinkunft, dass Schengen, ungeachtet der Integration von Schengen in die EU-Strukturen über den Amsterdamer Vertrag, durch Eurodac unterstützt werden wird. Dies bedeutet, dass das Dublin-Abkommen die Asylregeln von Schengen bereits ersetzt hat.

Es gibt einige weitere klare Hinweise auf eine klare Integration: kürzlich wurde vorgeschlagen, dass Eurodac auch die Fingerabdrücke von so genannten illegalen Immigranten und nicht nur von Asylsuchenden speichern darf. Möglich ist der elektronische Austausch von Fingerabdrücken über das Sirene-Netzwerk.
Parallel zu Eurodac entwickelte eine Arbeitsgruppe in der EU ein europäisches zentrales Computersystem innerhalb des Generalsekretariats des Rats für Justiz und Inneres, um Bilder zu speichern und auszutauschen. Das System heißt FADU (falsche und authentische Dokumente).

Laut einem Memo aus dem dänischen Innenministerium vom Dezember 1998 "wird das System auf Internet-Technologie basieren und über eine zentrale Datenbank in jedem Mitgliedstaat über eine sichere Internetverbindung benutzt werden. In Dänemark wird die Nationalpolizei darüber verfügen". Bis heute ist Eurodac als "Europäisches Zentralregister" in der Europäischen Geschichte beispiellos. Es beinhaltet die langfristige beziehungsweise ständige Registrierung und Überwachung von großen Bevölkerungsgruppen in Europa.

Seit dem 1. Juli 1999 ist Europol eine gemeinsame Polizeieinheit innerhalb der EU. Im Gegensatz zu Schengen zielt Europol auf das internationale organisierte Verbrechen. Die Europol-Computersysteme bestehen aus drei Untersystemen: Erstens ist es das zentrale Informationssystem, in das Daten über verdächtige Personen, sowie Personen, die möglicherweise künftig Verbrechen begehen könnten, eingegeben werden. Zweitens gibt es Arbeitsdateien zum Zwecke der Analyse.
Diese Dateien können nicht nur ausführliche persönliche Daten, sondern auch mögliche Zeugen, Opfer und mögliche Opfer, Kontaktpersonen und Verbündete sowie Informanten beinhalten. Drittens gibt es ein Indexsystem, das darüber Auskunft gibt, ob eine Information gespeichert ist. Selbst diejenigen, die innerhalb des Europol-Systems heute arbeiten, geben Probleme offen zu. So sagte der assistierende Koordinator der Europol Drogeneinheit (EDU - Einheit, die vor Europol eingerichtet wurde) W. Bruggemann folgendes: "Die Vorkehrungen zum Datenschutz sind in der Theorie umfangreich, sie werden aber fatalerweise durch die Schwierigkeit, sie in die Praxis umzusetzen, unterminiert.

Innerhalb der Union hängt das System erheblich davon ab, in welchem Grade Datenschutz und Bürgerrechte von jedem einzelnen Polizeibeamten respektiert werden. Das erfordert nicht nur rigoroses Training, aber auch in vielen Fällen einen radikalen Kulturwandel bei den nationalen Polizeikräften. "[...] Wenn hier der Eindruck hinzu kommt, dass manche Polizeibeamte der Ansicht sind, dass bei der Verbrecherjagd die Resultate die Mittel rechtfertigen, ist die potenzielle Gefahr offensichtlich."

Verschärft ist die jüngste Entwicklung: Der Rat für Justiz und Inneres autorisierte auf seiner Sitzung am 27. März 2000 Europol-Verhandlungen für den Datenaustausch mit nicht-Europäischen ländern und Behörden aufzunehmen. An erster Stelle stehen hier die Verhandlungen mit Interpol, an zweiter die Verhandlungen mit ländern wie Kanada, Island, Norwegen, Russland, der Schweiz, der Türkei und den USA sowie Bolivien, Kolumbien, Marokko und Peru.

Globale Überwachungssyssteme

Schließlich gibt es eine internationale Kooperation bei der Überwachung von Telekommunikation. Zum einen gibt es das Echelon-System, das der "Militär-Geheimdienst-Gemeinde" dient und ein neues System, das für die Strafverfolger-Gemeinde geplant ist. Das System, das Telefonanrufe, E-Mails und Faxe überwachen soll, wurde bislang mit unterschiedlichen Namen wie Enfopol, Quantico-Gruppe oder ILETS bezeichnet. In diesem Text wird es als EU-FBI-Telekommunikationsüberwachungssystem, beziehungsweise EU-FBI-System bezeichnet.

Im November 1995 unterzeichneten die EU-Staaten ein "Memorandum of Understanding" . Darin heißt es, dass Strafverfolgungsbehörden Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen in Realzeit rund um die Uhr durchführen können müssen. Auch Verkehrsdaten müssen in Realzeit zur Verfügung gestellt werden.

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Memorandum um ein EU-Dokument. Das Schengen-Abkommen berücksichtigt das Abhören von Telekommunikation nicht. Sirene speichert jedoch bereits Informationen, die beim Abhören von Handys gewonnen wurden. Mit der Integration von Schengen in die EU-Strukturen wird das grenzüberschreitende Abhören auf der rechtlichen Basis eines Memorandums ermöglicht.

Es wird keine Trennung mehr zwischen EU-Vereinbarungen und Schengen-Vereinbarungen geben. 1993 veranstaltete das amerikanische FBI eine internationale Konferenz in der FBI-Akademie in Quantico. Elf Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Union nahmen an der Konferenz teil. Seither arbeiten diese Staaten daran, die Anforderungen für das Abhören seitens der Strafverfolgungsbehörden zu standardisieren.

Das Treffen in Quantico führte zur Gründung des so genannten International Law Enforcement Seminar, ILETS . Diese Ilets-Gruppe, wurde nach und nach vergrößert und zählte 1995 20 Länder: Die 15 EU-Staaten sowie die USA, Kanada, Hongkong, Australien und Neuseeland. Das Quantico-Treffen, das auf die Initiative des FBI zurückgeht, und später die ILETS-Treffen der EU ebneten den Weg für ein globales überwachungssystem der Telekommunikation: Das EU-FBI-System. Das neue europäische Rechtshilfeabkommen legitimiert die grenzüberschreitende Überwachung, aber auch die Überwachung der Schengen-Staaten.

Die Echelon-Technologie zielt auf das Abhören von Telekommunikation per Satellit. Sowohl das EU-FBI-System, als auch Echelon können leicht teilweise oder ganz integriert werden: Die fortgeschrittene Echelon-Technologie verbreitet sich und wird bald auch seitens des EU-FBI-Systems angewandt werden können. Die technologischen Ähnlichkeiten überlappen und der Austausch von Personal lädt zur Integration ein.

Seinerseits werden die Quantico-Entwicklungen einen ähnlich wichtigen Unterstützungspfeiler für die Anstrengungen innerhalb von Schengen mit SIS und Sirene sowie Europol darstellen. Auf dem Weg zu einem integrierten System Es gibt eine Tendenz hin zur Konvergenz und Integration zwischen den verschiedenen Registrier- und Überwachungssystemen in Europa.

Der Amsterdamer Vertrag, der Schengen in die EU-Strukturen integriert, wird diese Entwicklung beschleunigen. Ein in die EU-Strukturen verschwundenes Schengen wird nicht weiter über eigene Entscheidungsstrukturen verfügen, sodass die Verschmelzung mit Europol, Eurodac und anderen Systemen näherliegt.
Am Horizont können wir die Konturen eines weitreichenden, zunehmend integrierten, multinationalen Registrier- und überwachungssystems ausmachen, dessen Informationen sich mehr oder weniger frei zwischen den Subsystemen bewegen und große Bevölkerungsgruppen abdecken. NaTürlich würde auch eine volle technische Integration in dem Sinne, dass jeder Polizeibeamte Zugang zu jedem Informationsbit haben würde, die Geheimhaltung unterminieren. Von der Geheimpolizei beispielsweise in Norwegen wird dies als Problem erkannt.

Dies wird dazu führen, dass spezielle Abteilungen sich mit speziellen Themen beschäftigen, aber mit wichtigen Personen zwischen den verschiedenen Abteilungen auf verschiedenen Wegen kooperieren. Ausgehend von den heutigen SIS-Zahlen müssen wir damit rechnen, dass Millionen Personen in einem mehr oder weniger integrierten System gespeichert werden. Eine Minderheit wird aufgrund vergangener Verbrechen registriert sein. Eine andere Minderheit aufgrund konkreter Verdachtsmomente. Eine große Mehrheit wird aus Leuten bestehen, die sich in extrem großen Kreisen um solche Personen bewegen, sowie Personen, die in einem difusen Sinne als Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Staatssicherheit betrachtet werden sowie unerwünschte Ausländer.

Das Schengen-System sowie das geplante Europol-Computersystem werden in dem integrierten System eine zentrale Rolle spielen. Zu den Anfangsproblemen wird gehören, dass die gespeicherten Informationen zu umfangreich sind, sodass verschiedene Polizei- und andere Behörden mit einem "Information-Overload" zu kämpfen haben werden.

Thomas Mathiesen 20.06.2000 | Telepolis