Diskussion um Rassismus in der Grazer KPÖ und das "Österreichische" an dem auch vorgeblich linke Parteien oft leider nicht vorbei können.
KPÖ-Graz: für Law and Order und gegen "Ausländer" im Gemeindebau
Auch Parteien der Linken sind in Österreich im Allgemeinen sehr Österreichisch. Dass sich auch die KPÖ, wenn sie einmal etwas zu sagen hat, nicht von Sozialdemokraten oder Grünen unterscheidet, zeigt das Beispiel Graz, wo sie mit fünf Abgeordneten und einem Stadtrat vertreten ist. KP Stadtrat Ernest Kaltenegger ist für Wohnbau und Mieterschutz zuständig, und wird wegen seines persönlichen Einsatzes von den Lokalmedien oft auch als "Engel der Mieter" bezeichnet. Zweifelsohne hat er einiges für MieterInnen getan, doch in der Frage ob Gemeindewohnungen auch für AusländerInnen zugänglich gemacht werden sollen, hat sich die Grazer KP stets zurück gehalten und dies nie explizit gefordert. Ganz im Gegenteil lehnte Ernest Kaltenegger in der Beantwortung der Frage eines SP-Gemeinderats (vor ca. einem Jahr) die Öffnung mit dem Hinweis ab, dass es derzeit erstens zu wenig Gemeindewohnungen gäbe, und dass diese ohnedies zum überwiegenden Teil an Menschen in prekären sozialen verhältnissen vergeben Wären.
Eine Öffnung der Gemeindewohnungen für AusländerInnen würde mehr Probleme der zusätzlichen Stigmatisierung von Gemeindebauten als Zentren sozialer Spannungen mit sich bringen, als dadurch Vorteile entstehen würden, so Kaltenegger sinngemäß. Bis heute hat sich an der Haltung der Grazer KP zu dieser Frage offensichtlich nichts geändert und vor der Grazer Gemeinderatswahl im Jänner 2003 ist nichts anderes mehr zu erwarten, da die KP in Graz Angst um ihr inländisches WählerInnenpotential hat. Weiters halten wir die Haltung der Grazer KP, die im Wahlkampf als "Ernst Kaltenegger KPÖ" antritt, zur Drogen- und Sicherheitspolitik für bedenklich. In der Gemeinderatssitzung vom 12. September 2002 wurde ein gemeinsamer dringlicher Antrag der großparteien zur Bereitstellung von 160.000 Euro eingebracht, um es dem Innenministerium zu ermöglichen, die per Erlass von Minister Strasser verfügte Streichung von überstunden der Grazer Polizei teilweise zurückzunehmen. Das Geld dazu wurde überwiegend aus dem Verantwortungsbereich von SP-Stadtrat Walter Ferk und aus VP-Ressorts zur Verfügung gestellt. Diesem Antrag stimmten mit Ausnahme der Grazer Grünen und der "wilden" Gemeinderätin Christa Franz (ehemals FP) alle Fraktionen zu - auch die KP. Kritische Wortmeldungen kamen nur von den Grazer Grünen, die den zweifelhaften Erfolg restriktiver Methoden im komplexen Kontext der Sucht-Problematik betrafen, und auch die grundsätzliche Frage aufwarfen, ob es demokratiepolitisch vertretbar sei, wenn die Stadt Graz sich zur Finanzierung von Aufgaben des Bundes verpflichtet, während die in der Kompetenz der Stadt angesiedelten Bereiche der Suchtbegleitung und der Prävention aus finanziellen Gründen nicht ausreichend finanziert werden. Die KP scheint also in Graz, wo sie sich in gewisser Weise etabliert hat, nicht vor populistischen Mitteln zurück zuschrecken, wenn es um WählerInnenstimmen geht und stimmt in die Drogen-Hysterie und Rufe nach mehr Sicherheit von FP, VP und SP mit ein.
ökologische Linke (ÖKOLI) Schottengasse 3a/1/4/59 A-1010 Wien
Neuquahlen/Debatte:
Wenn es nur die Ueberschrift waere!
Eine leider notwendig gewordene Antwort auf eine anonyme Attacke
Die Antwort auf die vom Anonymus in "oekoli" unter der Ueberschrift
"KPOe-Graz: Fuer Law and Order und gegen "Auslaender" im Gemeindebau" (akin 27/02, akin-pd 29.10.02) vorgetragenen Vorwuerfe ist nicht schwer.
Zuvor aber eine Bemerkung: Das breit verbreitete Schreiben enthaelt - auch abseits des zur Rede stehenden Themenkreises - einige sachliche Fehler. Die KPOe hat in Graz 4 (nicht 5 Mandate) und 1 Stadtrat. Ernst Kaltenegger ist leider nicht fuer Wohnbau und Mieterschutz zustaendig, wie oekoli meint, sondern nur fuer die Verwaltung der Gemeindewohnungen in Graz. Das Ressort Wohnbau wird von FP-Vizebuergermeister Weinmeister verwaltet; mit sehr negativen Folgen. In der abgelaufenen Periode seit 1998 wurden in Graz nur 26 Wohneinheiten fertiggestellt.
Nun zum Kern der Vorwuerfe.
I.
Die KPOe-Graz tritt fuer die Oeffnung der Gemeindewohnungen ein. Es gibt keine einzige Aeusserung von Verantwortlichen der Grazer KPOe, die in eine andere Richtung gehen wuerde. Zuletzt hat das Klubobfrau Elke Kahr im Oktober 2002 am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Grazer Auslaenderbeirat in einem Interview fuer die ORF-Fernsehsendung "Heimat, fremde Heimat" klar und deutlich ausgedrueckt.
Als KommunistInnen sind wir dafuer, dass Rechte nicht nur proklamiert,
sondern auch real umgesetzt und verwirklicht werden. Das unterscheidet uns von Liberalen und das ist auch einer der Gruende fuer unsere Kritik am unverbindlichen Forderungskatalog des Sozialstaatsvolksbegehrens gewesen.
Wir koennten uns leicht tun und darauf hinweisen, dass die schwarz-blaue Mehrheit im Grazer Gemeinderat die Oeffnung der Gemeindebauten fuer Nicht-EU-Auslaender verhindert.
Es ist aber notwendig, die Situation konkret zu betrachten. In Graz gibt es lediglich 5200 stadteigene Wohnungen bei einer Einwohnerzahl von 230.000; einschliesslich der Übertragungswohnbauten gibt es nur 11.000 Wohnungen mit einem Einweisungsrecht der Gemeinde. Das ist ein grosser Unterschied zur Situation in Wien. Noch aerger ist die Tatsache, dass SPOe, OeVP und FPOe vor einem Jahrzehnt die Moeglichkeit des Verkaufs von Gemeindewohnungen an Private geschaffen haben.
Die KPOe-Graz hat deshalb ein Forderungspaket erstellt, das in seiner
Gesamtheit zu einer Verbesserung der zugespitzten Situation fuehren kann. In den letzten Jahren ist die Zahl der Ansuchen um eine Gemeindewohnung in Graz um 25 Prozent gestiegen.
Dieser Forderungskatalog wurde vor drei Jahren auf einer Klausurtagung des KPOe-Gemeinderatsklubs erarbeitet und umfasst folgende Punkte:
1.: Oeffnung der Gemeindewohnungen fuer MigrantInnen.
2.: Forcierung des Baus neuer Gemeindewohnungen. in den letzten fuenf Jahren ist die Zahl der Neubauwohnungen um 90 Prozent zurueckgegangen. Dabei sollten auch in jenen Stadtbezirken Wohnungen gebaut werden, wo es bisher kaum Gemeindewohnungen gibt. Derzeit befinden sich zwei Drittel aller Gemeindewohnungen in den Bezirken Lend, Gries und Jakomini, Stadtbezirken mit einem ueberdurchschnittlich hohen Auslaenderanteil.
3.: Stopp des Verkaufs von Gemeindewohnungen! Man kann nicht weniger
Wohnungen auf mehr Menschen verteilen.
4.: Einsetzen von GebietsbetreuerInnen, welche die Integration erleichtern sollen.
Wer diese Forderungen nicht in ihrer Gesamtheit unterstuetzt, der will
nicht, dass die Oeffnung der Gemeindewohnungen funktioniert und nimmt
groessere soziale Konflikte zwischen verschiedenen Teilen der
ArbeiterInnenklasse sehenden Auges in Kauf.
Die KPOe ist in Graz die erste Anlaufadresse fuer Menschen mit
Wohnungsproblemen. Unter ihnen sind sehr viele auslaendische
MitbuergerInnen. Wir haben mit dem Mieternotruf und dem Rechtshilfefonds fuer Spekulantenopfer seit Jahren zahlreichen AuslaenderInnen wirksame Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Rechte als MieterInnen geleistet. Dabei konnten zum Beispiel Mietzinssenkungen bzw. Rueckzahlungen von ueberhoehten Mieten erreicht werden. Diese Hilfestellung erfolgt selbstverstaendlich kostenlos fuer die Ratsuchenden. Der Vorsitzende des Verbandes der jugoslawischen
Arbeiter in Graz hat sich anlaesslich einer Podiumsdiskussion am 4. Oktober 2002 ausdruecklich bei der KPOe fuer diese Arbeit bedankt.
Stadtrat Ernst Kaltenegger: "Solidaritaet ist fuer uns nicht etwas, was nur in Reden vorkommt und fuer den Alltag keine Bedeutung hat, sondern eine praktische Haltung, die gelebt werden muss".
II.
Wir sind fuer die Freigabe weicher Drogen und druecken das mit unserem
wahrscheinlich bereits oesterreichweit bekannten Pickerl "Schuetzt die
KleingaertnerInnen - KPOe" schon seit einigen Jahren aus. Gemeinderat
Khull-Kholwald hat im Sucht-Arbeitskreis der Stadt Graz, bei oeffentlichen Auftritten und in den Medien diese Haltung mehrmals bekraeftigt. Was "Law and Order" angeht: Wir waren gegen die Installierung einer Ueberwachungskamera beim Grazer Rathaus. Im Zusammenhang mit der Grazer Buergerwehr der FPOe hat Klubobfrau Elke Kahr im Gemeinderat folgendes gesagt: "Die Buergerwehr ist jetzt noch vor allem eine laecherliche Sache, gleichzeitig ist sie aber sehr gefaehrlich. In Wirklichkeit geht es darum, erstmals im Oesterreich der 2. Republik die Privattruppe einer Partei zu etablieren.
Die Sicherheit der Bevoelkerung und der Kampf gegen die Drogen sind dabei nur ein Vorwand. Waehrend bei der Polizei Posten gestrichen werden, waehrend auf fast allen Gebieten, von der Schule ueber die Drogenpraevention bis zu den unabhaengigen Sozialinitiativen gespart wird, spielt man hier bewusst mit den Emotionen und setzt umgerechnet mindestens 200.000 S aus Parteigeldern ein, damit Gemeinderat Lozinsek oesterreichweit im TV praesent ist, wie er durch den Volksgarten schreitet. Diese parteipolitische Profilierung schadet dem Ansehen unserer Stadt und sie schadet langfristig der Demokratie. Deshalb sind die Proteste von grossen Teilen der Bevoelkerung gegen die FP-Buergerwehr nur zu begruessen.
Darueber hinaus sollten wir daran denken, dass nur eine gerechte
Gesellschaftsordnung die Basis fuer den Kampf gegen Drogen und Kriminalitaet bietet. Solche Aktionen, wie sie die FP in Graz durchfuehrt, sind aber ein Ausdruck des Zerfalls unserer Gesellschaft und dienen in keiner Weise ihrem Zusammenhalt." (16. 5.2002).
Die Zustimmung zur Finanzierung von Ueberstunden als "Einstimmen in die Drogen-Hysterie" zu bezeichnen, ist ein starkes Stueck. Leider wird die Stadt Graz von Bund und Land immer oefter dazu gezwungen, Kosten von Bundesleistungen zu uebernehmen: Das reicht von der Finanzierung der Fachhochschulen ueber das Karenzgeld fuer Studentinnen bis zum Bau des Grazer Kunsthauses. Man sollte diesen Kontext nicht vergessen.
III.
Die Ueberschrift des oekoli-Artikels "KPOe-Graz: Fuer Law and Order und gegen "Auslaender" im Gemeindebau" ist daher eine ueble Unterstellung.
Wenn es aber nur die Ueberschrift waere!
Was mich sehr nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass Teile der Linken von vornherein geneigt sind, diesen Vorwuerfen zu glauben, weil unsere relative Staerke in der Gemeinde Graz zu einem Opportunismus- bzw. Populismus-Verdacht fuehrt.
Wir haben in der Frage der Stadtwerke-Privatisierung gezeigt, dass wir
Haltung bewiesen haben, waehrend die SPOe umgefallen ist und die Gruenen anfangs geschwankt haben. Und Populismus? Ich glaube, dass es ein Markenzeichen unserer Politik ist, gerade nicht populistisch zu sein, sondern alle Fragen gruendlich zu durchdenken.
Wir haben es in den vergangenen Jahren geschafft, den Gefahren der
Privilegienwirtschaft und des Abgleitens hin zu einer zweiten
Sozialdemokratie zu entgehen. Ob wir alles richtig gemacht haben, wissen wir nicht. Letztendlich werden die WaehlerInnen am 26. Jaenner 2003 darueber entscheiden.
*Franz Stephan Parteder, KPOe Graz*