Von 3. bis 5. Mai 2006 fanden auf Initiative des österreichischen EU Vorsitzes 2006 mehrere Gipfeltreffen und eine "internationale Konferenz zur inneren Sicherheit" in Wien statt. Hochrangige VertreterInnen aus Politik, Polizei von mehr als 50 Staaten und internationalen Organisationen arbeiteten an Strategien zur Beschneidung von Rechten für viele Menschen und der Absicherung des Wohlstandes der reichen Gesellschaften.
Inhalt:
- Harmonisierter Dialog
- Harmonisierter Aufenthalt
- Effiziente Deportationen
- Migrationsmanagement
- Gemeinsam nur zur Sicherheit...
- Die Wiener Deklaration
Harmonisierter Dialog
In einer Presseaussendung vom 3. Mai 2006 ist über die Ausrichtung der drei anberaumten Treffen zu lesen: "Mit dieser internationalen Konferenz zur inneren Sicherheit soll ein Beitrag zur partnerschaftlichen Umsetzung der EU-Strategie für die Externe Dimension des Bereiches Justiz und Inneres geleistet werden. Daher werden erstmals in diesem Zusammenhang Drittstaaten und Internationale Organisationen in einen entsprechenden politischen Dialog miteinbezogen."
Die RatspräsidentInnenschaft hat dieses Aufeinandertreffen einberufen, um einen ihrer Schwerpunkte umzusetzen: Den weiteren Ausbau der Festung EUropa. So wurde auf einem informellen Treffen der EU-Justiz und InnenministerInnen im Jänner in Wien die Errichtung erster Pilotprojekte :: exterritorialer Lager (en) für Flüchtlinge und MigrantInnen in der Ukraine und :: Tanzania beschlossen. Damit wird jene Forderung von PolitikerInnen umgesetzt, die in den vergangen Jahren des öfteren für einen Aufschrei sorgte: Menschen, die innerhalb der EU einen Antrag auf Asyl stellen, sollen in exterritorialen Lagern - möglichst weit weg - gebracht werden. (siehe dazu Artikelsammlung zu :: Detention Centres außerhalb der Schengengrenzen und :: Verantwortung wird ausgelagert - Presseaussendung der asylkoordination Österreich)
Ein weiteres Ziel, das auch im :: Haager Programm festgeschrieben ist, ist die Harmonisierung der Asyl- und Visapolitik. So wird u.a. versucht, die Länder am Balkan mehr und mehr in die Festung Europa einzugliedern (dazu mehr weiter unten). Denn aus historischer Perspektive nimmt Österreich am Balkan eine ähnliche Rolle ein, wie Spanien in den Außenbeziehungen mit Marokko oder Italien mit Libyen. Die Kolonisierung schreitet voran...
Harmonisierter Aufenthalt
Vom 27.-28. April 2006 trafen sich die Justiz- und InnenministerInnen der EU zu einer Ratssitzung in Luxemburg. Dabei wurden wichtige Beschlüsse für die Harmonisierung der Migrationspolitik der EU gefällt (siehe :: Presseaussendung des Rates der EU (en, pdf)).
Genannt seien hier die Anhebung der Preise für Visa als Konsequenz für die Implementierung eines gemeinsamen Visa Informations Systems und der Sammlung biometrischer Daten von Visa AntragstellerInnen.
Zur Erhöhung der Visapreise sollte noch erwähnt werden, dass Ausnahmen vorgesehen sind. Der Standard schrieb dazu in der Ausgabe vom 28. April 2006: "So sollen für Staaten, die Teil der EU-Nachbarschaftspolitik sind, die Gebühren für ein Jahr ausgesetzt werden können. In dieser Zeit sollen diese Länder - von der Türkei über Moldawien bis zu den nordafrikanischen Staaten - Verhandlungen über Abkommen für Visaerleichterungen beginnen. Bestandteil ist aber auch eine Verpflichtung zur Rücknahme illegal in die EU Eingereister. Wenn diese Verhandlungen über Visaerleichterungen bis 31. Dezember 2007 beendet sind, ist die Erhöhung für die Angehörigen dieser Staaten hinfällig." Kurz gesagt: Für Angehörige jener Staaten die den Forderungen der EU-Abschiebebehörden zustimmen, werden die Preise für Visa nicht erhöht. Halten sich genannte BürgerInnen jedoch heimlich in der EU auf, soll im Falle eines Aufgriffes eine "Rückführung" möglichst schnell abgewickelt werden.
Effiziente Deportationen
Weiters wurden vom Rat Justiz und Inneres der EU Vorschläge zur Bekämpfung von Menschenhandel und einem gemeinsamen Projekt zur Rückführung mit Charterflugzeugen angenommen. (siehe :: EU Innenministerbeschluss zu mehr Sammelabschiebungen vom 27.04.2006 (en, pdf)) Als Begründung für letzteres wird angeführt, dass es sich das Modell der gemeinsamen Deportationen erfolgreich erwiesen habe. Im Rahmen der sog. :: "Asylum Airways" (wie sie inoffiziell genannt werden), übernimmt ein Land bzw. eine Stadt die Organisierung. Nach Angaben der österreichischen Innenministerin Liese Prokop soll der erste gemeinsame Flug, bei dem Österreich die führende Rolle übernehmen wird, noch vor Ende Juni stattfinden. Im Standard vom 28. April 2006 ist zu lesen: "In den nächsten Wochen wird der Bedarf in den Mitgliedsstaaten eruiert, wo der erste Flug hingehen soll. Ob der Flug von Wien oder Brüssel aus starten, mehrere EU-Staaten abfliege und dann sein Ziel ansteuere, sei noch nicht klar, sagte Prokop. 80 Prozent der Kosten von solchen Charterflügen übernimmt die EU-Kommission, der Rest wird nach Kommissionsangaben von den Mitgliedsstaaten finanziert."
Die Abzuschiebenden werden im Rahmen dieser Deportationen entweder zu einem Flughafen gebracht oder die Maschinen fliegen verschiedene Flughäfen an, wo sie die Leute aufsammeln. Wie dies in der Praxis aussieht, zeigt die in der Nacht von 24. auf 25. April 2006 unter Regie der Hamburger Innenbehörde durchgeführte Sammeldeportation nach Westafrika. Die 24 Menschen, die gemeinsam abgeschoben wurden, waren gefesselt, allen war ein Helm über den Kopf gezogen worden. Wer sich unter dieser Tortur nicht ruhig verhielt, dem wurden zwangsweise Drogen/Medikamenten verabreicht. Begleitet wurde der Flug von mehr als 70 PolizistInnen in Kampfmontur, plus SchreibtischtäterInnen der Behörden, DolmetscherInnen und Ärzten. (mehr dazu im Bericht :: Deportationsflüge - faschistoide Praxis - Schüren von Rassismus)
Mit der Aufgabe der notwendigen Unterstützung zur Organisierung und Abwicklung der Charterdeportationen durch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten wurde die erst letztes Jahr gegründete Grenzschutzagentur der EU "Frontex" in Warschau betraut. Wer an dieser Stelle denkt, in Polen gäbe es angesichts der jungen EU-Mitgliedschaft wenig Know-How für derartige Massendeportationen, irrt. Im Zuge sogenannter Kettendeportationen ist Polen schon lange Teil der europäischen Abschiebemaschinerie. Doch auch in Polen selbst wurde repressiv vorgegangen.
Im September 1996 fanden erste großangelegte Hausdurchsuchungen in Warschauer Vorstädten statt, bei denen 400 Flüchtlinge verhaftet und in Schubgefängnisse gesperrt wurden. In der Folge häuften sich die Meldungen über Verhaftungen. Im November 1998 starteten die ersten Charter-Flugzeuge mit Abgeschobenen aus Polen direkt nach Colombo (Sri Lanka) und Bukarest. Und Ende Oktober 1998 führte die polnische Grenzpolizei im Rahmen der Akcja Obcy ("Aktion Fremde") großangelegte Razzien gegen Roma durch. In der Nähe von Katowice wurde ein Hotel von Grenzschutz, Polizei und Spezialeinheiten umstellt und 294 darin wohnende Roma, unter ihnen 126 Kinder, verhaftet. Sie wurden in einem zum Polizeigewahrsam umfunktionierten Sportstadium untergebracht und erkennungsdienstlich behandelt. Die meisten von ihnen wurden in der darauffolgenden Nacht mit Militärmaschinen nach Bukarest ausgeflogen. Dabei durften die Roma lediglich 10 kg Reisegebäck pro Person mitnehmen. Nach Angaben der deportierten Roma beschlagnahmten Grenzschutz und Polizei ihr Hab und Gut, darunter auch umgerechnet mehrere tausend Mark und ungefähr 30 Autos. (siehe :: "Angst macht die Menschen kaputt". Der weite Weg über Grenzen)
Ein Ziel der nun geplanten Sammelabschiebungen sollen vor allem die Länder Westafrikas sein. Deren korrupte Regierungen werden dazu gezwungen, Verträge zur Bekämpfung sogenannter "illegaler Migration" zu unterzeichnen. Dadurch sollen die MigrantInnen schon vor Ort, beispielsweise durch strengere Kontrollen von Flughäfen und Hafenanlagen, an der Ausreise gehindert werden. (siehe dazu :: The European Migration Regime - Camps and Externalisation of Borders (en))
Migrationsmanagement
Weitere Bestrebungen, die Abschiebepolitik möglichst effizient umzusetzen sind die sogenannten Programme zur "freiwilligen Rückkehr". Wer keinen Aufenthaltstitel hat, darf gehen. Wer nicht "freiwillig" geht, wird gegangen. Ein einfaches Prinzip, zumindest den Schein von Humanität, einem der angeblichen Grundwerte der europäischen Gesellschaften, zu wahren. (siehe dazu: :: UK: Mit IOM 'freiwillig' zurück in den Irak und :: Abschiebung irakischer Kurden aus Großbritannien)
Die aktuellen Gesetzgebungen in den EU-Mitgliedsstaaten führen darüber hinaus dazu, dass immer mehr Menschen ihren Aufenthaltstitel verlieren. Für sie tritt dann das eben beschriebene Szenario in Kraft. Aktuelle Beispiele aus Österreich sind die :: Illegalisierung binationaler Ehen oder die neuen Aufenthalts- und Niederlassungsbestimmungen für :: SexarbeiterInnen und :: KünstlerInnen. Vielen Leuten, die sich über Jahre hinweg ein unbefristetes Aufenthaltsrecht erarbeitet haben, wird dieses nun per Gesetz wieder abgesprochen. Und es war schon zu hören, dass auch Leute mit Aufenthaltstitel zur "freiwilligen Rückkehr" aufgefordert werden sollen.
Gleichzeitig überlegt die EU, wie sie die massenhafte Beschäftigung undokumentierter MigrantInnen legalisieren kann. An den Arbeits- und Lebensbedingungen der dann als SaisonarbeiterInnen beschäftigten wird sich dadurch wohl nicht viel ändern. Dafür gewährleistet, dass sie genau dann zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden - und wenn sie ihre Arbeit getan haben, wieder gehen. Sie haben ja die Möglichkeit, im nächsten Jahr erneut um die Bewilligung zur Erwerbsarbeit anzusuchen, um dann nach getätigter Arbeit wieder zu gehen...
Dass dazu viele Institutionen, Instrumentarien und Verfahrensabläufe erdacht und entwickelt werden müssen, ist nicht von der Hand zu weisen. Ein Grund dafür, dass zwischenstaatliche Organisationen wie die :: IOM oder :: ICMPD immer mehr an Bedeutung gewinnen. Deren MitarbeiterInnen genießen DiplomatInnenstatus und versorgen PolitikerInnen mit Ideen und Strategieplänen. Sie bezeichnen ihre Arbeit selbst als Migrationsmanagement. Ihre Aufgaben umfassen Errichtung wie Betreibung der exterritorialen Lager und zum Teil auch jener im Inneren der Festung, die Organisierung bzw. Abwicklung von Deportationen, den Programmen zur "freiwilligen Rückkehr", aber auch die Durchführung von Einreiseprogrammen. So werden zum Beispiel die Flüge von Menschen, die im Rahmen offizieller Programme in die USA einwandern, vorfinanziert oder in den USA Integrationsprogramme abgehalten, damit die EinwanderInnen, die zuvor in Selektionsprogrammen ausgewählt wurden, auch richtige PatriotInnen werden. Und es ist anzunehmen, dass verschiedene Organisationen und Agenturen auch mit der Abwicklung der gewünschten Auswahl- und Anwerbeprogramme für Saisoniers betraut werden.
Eine weitere wichtige Rolle spielen die Beratung von Regierungen von Staaten in Süd-Osteuropa, Afrika und Asien bei der Übernahme westlicher Vorgaben der Migrationspolitik und der Erstellung von Expertisen zur Migrationsentwicklung. Im Rahmen internationaler Konferenzen über "illegale Migration" werden RegierungsvertreterInnen und Grenzpolizeichefs mit Consulting-Firmen an einen Tisch gebracht. Die zwischenstaatlichen Organisationen des Migrationsmanagement vermitteln zwischen Firmen und Behörden. Und tatsächlich ist die IOM in Wien eine gute Kundin vieler Fluggesellschaften, bei denen sie vor allem Flüge im Rahmen der "freiwilligen Rückkehr" direkt, also ohne Zwischenschaltung eines Reisebüros, bucht.
Gemeinsam nur zur Sicherheit...
Von 3. bis 5. Mai 2006 wurden in Wien viele Strategien zur "inneren Sicherheit" diskutiert, die alle näher auszuführen den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. "Globale Bedrohungen (...) brauchen globale Antworten" verkündete die Gastgeberin und österreichische Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) der Presse. Interessant, mit welch reißerischen Schlagworte diese Bedrohungen beschrieben werden: Die "Bekämpfung organisierter Kriminalität und Korruption", das "Problem illegale Migration", "Schutz vor Menschenhandel", "Drogen", "Missbrauch des Internets" usw. Ziel der Bekämpfung dieser Bedrohungen? Mehr Sicherheit! An den Treffen in Wien nahmen MinisterInnen und VertreterInnen von mehr als 50 Staaten und internationalen Organisationen teil - als "Ausdruck der zunehmenden Bedeutung der inneren Sicherheit und ihrer externen Beziehungen." (Zitat aus der Wiener Erklärung)
Am 3. Mai trafen sich Justiz- und InnenministerInnen zum "EU-USA Troikatreffen" und vereinbarten eine verstärkte Kooperation. Laut orf.at (04. Mai 2006) bekennen sich die Staaten in einer gemeinsamen Erklärung "unter anderem dazu, den Bereich Justiz und Inneres 'zu einer Priorität in den Außenbeziehungen' zu machen, und zusammenzuarbeiten, wenn es um gemeinsame Bedrohungen wie Terrorismus und illegale Einwanderung geht."
Am 4. Mai saßen die InnenministerInnen der derzeitigen EU-RatspräsidentInnenschaft und der nachfolgenden EU-RatspräsidentInnenschaften (Finnland, Deutschland, Slowenien, Portugal) mit den InnenministerInnen der Russischen Föderation und der USA gemeinsam an einem Tisch in der Hofburg.
Bei der "Internationalen Konferenz zu Inneren Sicherheit" am 4. und 5. Mai 2006 wurde offiziellen Angaben zufolge die "Wiener Erklärung zur Partnerschaft für die Sicherheit" angenommen und eine Polizei-Kooperations-Konvention für Südosteuropa sowie weitere Dokumente unterzeichnet. "Ein so breiter Dialog der EU mit Drittstaaten über ein gemeinsames Sicherheits-Konzept ist bisher einmalig in der Geschichte, und ich freue mich, dass das unter der österreichischen Präsidentschaft gelungen ist", so Prokop. "Die Balkan-Länder würden damit deutlich näher an die (Schengen-)Standards der Polizeilichen Zusammenarbeit in der EU herangeführt," heißt es weiter in einer Aussendung.
Die Wiener Deklaration
Mit dieser Erklärung hat die EU die Grundlage für mehr Einfluss in den NachbarInnenstaaten geschaffen. Es geht vor allem um polizeiliche Zusammenarbeit: "gegenseitiger Informationsaustausch, gemeinsame Ermittlungsteams oder Stärkung grenzüberschreitender Kooperationsformen wie Observation, Nacheile und kontrollierte Lieferung" (gemeint ist wohl "Auslieferung") lassen angesichts aggressiver Außenpolitik und ausgrenzerischer Innenpolitik nichts Gutes erahnen. Im Rahmen der Entwicklung der Repression gegen unerwünschte und unterdrückte Menschen wurden weitere Hürden genommen.
In die "neue NachbarInnenschaft" werden die EU, ihre Mitglieds- wie NachbarInnenstaaten miteinbezogen, Russland und die USA genießen BeobachterInnenstatus. Die Ziele wurden in der Erklärung festgelegt, wobei vor allem die schon gewohnte Vermischung der "Problemfelder" Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität, Korruption und "illegaler Migration" in einem Atemzug genannt werden - auf der Suche nach "aktionsorientierten Lösungen". Nicht ohne die entsprechende Propaganda für gesetzliche Regelungen, Demokratie, fundamentalen Rechten und "good governance" ("gute Herrschaft") als bedeutend für die Aufrechterhaltung von Sicherheit zu nennen. Wie so oft wird von "internationalen Standards" gesprochen, die angesichts der globalen Entwicklungen voll in Richtung Ausgrenzung und Entrechtung vieler Menschen deuten. Hier sei auch die Rolle Österreichs in der EU genannt, das schon im Rahmen des Ratsvorsitzes 1998 in einem :: Strategiepapier zu Asyl und Migration die Aufhebung der Genfer Flüchtlingskonvention vorschlug. Damals konnten diese Pläne zwar nicht in die Realität umgesetzt werden, doch die zunehmende Verschärfung der Asylgesetzgebungen in allen EU-Staaten lässt vermuten, dass in Zukunft das Recht aus Asyl mehr und mehr abgeschafft wird.
Dabei geht es auch um klare ökonomische Interessen. Die EU will ihre Position am Weltmarkt ausbauen und strebt die führende Rolle an. Dazu zählt auch die bis 2010 geplante Errichtung einer :: Euromediterranen Freihandelszone (also mit den Staaten rund ums Mittelmeer), die schon konkrete Formen annimmt. Doch die Konkurrenz ist sehr groß. Vor allem Staaten wie China, in denen in riesigen "Freihandelszonen" für den Weltmarkt produziert wird, bescheren den ÖknomInnen immer wieder Kopfzerbrechen. Viele Firmen tendieren mehr und mehr dazu, ihre Produktionen in Billiglohnländer zu verlagern - wenn nicht die Rechte und Bedingungen für ErwerbsarbeiterInnen in den industrialisierten Staaten des Westen abgebaut werden. Die zunehmende Liberalisierung des Weltmarktes im Rahmen der kapitalistischen Globalisierung erfordert einerseits eine bessere Zusammenarbeit sowohl staatlicher als auch nicht-staatlicher (wie privater) Repressionsapparate, um die Handelsfreiheiten und deren Funktionieren zu sichern, während die Bewegungsfreiheit von Menschen mehr und mehr eingeschränkt bzw. kanalisiert und gesteuert werden soll. So wird die Realität der heimlichen Migration als solche wahrgenommen, ihr jedoch nicht mit einer Öffnung der Grenzen begegnet, die ja im Sinne der MigrantInnen wäre. Der Schutz der (Menschen)Rechte der MigrantInnen soll vor allem via Kriminalisierung der Unterstützung von Flüchtlingen und MigrantInnen und der "Bekämpfung von Menschenhandel" erfolgen - und dabei wird völlig ignoriert, dass es gerade die restriktiven Migrationspolitiken sind, die Menschenhandel massiv fördern und hervorbringen.
Angestrebt sind im Feld der Migration bessere Kooperationen zwischen Herkunfts-, Transit und Aufnahmeländern. Lösungsansätze betreffen fälschungssicherere Reisedokumente und die Speicherung biometrischer Daten, weltweite Verschärfung "funktioneller Grenzkontrollsysteme", bessere Ausbildung von PolizistInnen, GrenzwächterInnen und Zollbehörden. Das Wissen von ExpertInnen und vorhandene Kapazitäten relevanter Körperschaften sollen genutzt, sowie wechselseitige Übereinkommen erarbeitet und implementiert werden. Der "partnerInnenschaftliche Dialog" zwischen der EU und Schlüsselländern- bzw. Regionen, vor allem in Afrika und der östlichen NachbarInnenschaft der EU, sowie mit regionalen Organisationen soll vertieft werden. In Herkunfts-, Transit- und Zielländern von Migration sollen die Möglichkeiten und Beschränkungen sowie Rechte und Verbindlichkeiten eruiert und mehr öffentliches Bewusstsein propagiert werden.
Und tatsächlich wird mehr öffentliches Bewusstsein - jedoch nicht im Sinne der Wiener Deklaration - erforderlich sein, um diese Pläne zur Rekolonisierung der Welt zu Fall zu bringen.