Ca. 3000 Flüchtlinge, MigrantInnen und Sympathisant- Innen haben am 19. April 2008 in Zürich für ein generelles Bleiberecht demonstriert. Sie forderten radikale Veränderungen in der Asylpolitik.
Kritik an der nicht statt findenden öffentlichen Debatte
Im Gegensatz zu anderen Ländern sei ein Bleiberecht für Papierlose in der Schweiz nicht einmal ein Thema in der öffentlichen Debatte, kritisieren die Menschen. Ob als papierlose BilliglohnarbeiterInnen, als abgewiesene Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommene - es könne nicht sein, dass Menschen über zehn Jahre in einem Dauerprovisorium leben müssten. Dieser Zustand mache krank und sei inakzeptabel. Gefordert wurde zudem eine humane Umsetzung der Härtefallregelung. Getragen wurde die Manifestation von einem breiten Bündnis von Menschenrechts- und MigrantInnenorganisationen, dem unter anderem die Alternative Liste Zürich, die Organisation "Augenauf" und "SOS Rassismus Deutschschweiz" angehören.
Probleme mit der Versorgung
In der Schweiz leben 80'000 bis 300'000 AusländerInnen ohne Aufenthaltsbewilligung. Diese Sans-Papiers sind somit auch selten krankenversichert. In letzter Zeit sind Anlaufstellen entstanden, die Sans-Papiers medizinische Hilfe bieten. Private Organisationen füllen damit eine Versorgungslücke. Im Land gibt es rund 20 Stellen, die Sans-Papiers in Gesundheitsfragen beraten. So betreibt «Ärzte ohne Grenzen» in Zürich seit 2006 die Anlaufstelle Meditrina. Das kleine medizinische Angebot nehmen pro Monat rund 100 Personen in Anspruch, wobei Sans-Papiers eine Mehrheit stellen. Im bernischen Wabern betreibt auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) seit einem knappen Jahr eine Anlaufstelle. Bis jetzt suchen monatlich rund 20 Sans-Papiers dort medizinische Hilfe, Tendenz steigend. Die Erfahrung zeigt, dass Sans-Papiers spät einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen, obwohl sie dieselben medizinischen Probleme haben wie die übrige Bevölkerung. Ihre unsichere Lebenssituation fördert überdies psychische Erkrankungen. Das gilt vermehrt auch für PatientInnen, die aus Krisen-Regionen stammen. Das Projekt in Wabern bietet im Rahmen des Möglichen nicht nur medizinische, sondern auch psychotherapeutische Hilfe an. Ein großes Problem sind stets die Kosten. Besonderen Schutz können und dürfen die medizinischen Anlaufstellen ihren PatientInnen nicht bieten. Das Schweizerische Rote Kreuz hat sich aber durch ein Rechtsgutachten bestätigen lassen, dass es legal ist, Sans-Papiers medizinisch zu versorgen.
Hälfte aller Haushaltshilfen illegal
Laut einer Radiosendung auf DRS leben die Hälfte der Haushaltshilfen in der Schweiz illegalisiert als so genannte Sans-Papiers. Mit ihrer Arbeit ermöglichen sie vor allem auch vielen Schweizerinnen eine berufliche Karriere. "Seit die Verschärfung des Asyl- und Ausländergesetzes per 01.01.08 nun definitiv in Kraft ist, weht für viele Migrantinnen und Migranten ein noch eisigerer Wind im Land. Menschen werden als Illegal deklariert und durch bewusste Taktiken mürbe gemacht, damit sie auf Biegen und Brechen die Schweiz verlassen", kritisiert das Zürcher Bleiberecht Kollektiv. Dies betreffe vor allem abgewiesene Asylsuchende und solche, auf deren Asylgesuch nicht eingetreten wurde (NEE). Sie bekommen mit dem neuen Asylgesetz nur noch eine minimale Nothilfe. Im Kanton Zürich wird diese lediglich in Form von Fr. 10.- Migros-Gutscheine ausgehändigt. Migros gehört mittlerweile zum grösste Einzelhandelsunternehmen in der Schweiz.
Forderungen der Bleiberechtsdemo
Wir fordern ein radikales Umdenken in der aktuellen Asylpolitik. Während in vielen europäischen Ländern ein Bleiberecht diskutiert wird oder längst umgesetzt wurde und selbst die EU ihren Mitgliedsstaaten einen solchen Schritt empfiehlt, ist in der Schweiz ein Bleiberecht für "Gestrandete" nicht einmal ein Thema in der öffentlichen Debatte! Das zeigt, wie sehr sich die politischen Parteien in diesem Land von einer lösungsorientierten Migrationspolitik verabschiedet haben und tatkräftig mitarbeiten an einem System, welches Menschen ausgrenzt und diskriminiert.
Wir fordern ein kollektives Bleiberecht für Menschen, welche seit Jahren hier leben. Ob nun als papierlose Billiglohnarbeiter, als abgewiesene Flüchtlinge oder als "vorläufig Aufgenommene". Es kann nicht sein, dass Menschen über zehn Jahre in einem Dauerprovisorium hier leben müssen. Dieser Zustand macht krank und ist inakzeptabel!
Beim Abstimmungskampf um das neue Asylgesetz wurde versprochen, dass anhand der Härtefallregelung ein Instrument geschaffen wird, welches eine geregelte Aufenthaltsbewilligung für Menschen ermöglicht, die schon Jahre hier leben. Der Kanton Zürich ignorierte bis anhin diese Massnahme. In keinem anderen Kanton der Schweiz wird die Härtefallregelung so restriktiv umgesetzt wie im Kanton Zürich. Die angenommenen Gesuche können an einer Hand abgezählt werden. Wir fordern die sofortige Umsetzung des Härtefallartikels!
Dieser Bericht von :: de.indymedia.org wurde hier bearbeitet von no-racism.net übernommen, Forderungen von :: bleiberecht.ch