In der letzte Woche kam es in und rund um den Flughafen München zu mehreren Aktionen gegen dort startende Abschiebeflüge und die "dreckigen" Geschäfte der Airlines mit Abschiebungen.
Nachdem am Dienstag die Abschiebung eines somalischen Flüchtlings verhindert worden war, fand am Samstag eine Demonstration gegen Abschiebungen statt.
Abschiebekrimi am Dienstag
Am Dienstag, den 02.08.2011 sollte der somalische Flüchtling Mohamed Abdilahi vom Terminal 2 des Münchner Flughafens nach Malta abgeschoben werden. Auf Malta hatte er sich nach einer traumatisierenden Überfahrt, bei der ein guter Freund von ihm ertrank, ein Jahr lang unter katastrophalen Bedingungen in Haft befunden, bevor er nach Deutschland weiterfloh. Zuvor war ein erster Abschiebeversuch in Frankfurt am Main an den Protesten in Form einer antirassistischen Demonstration quer durch den "Fraport" und dem Widerstand Abdilahis selbst beim Einsteigen in die Maschine gescheitert. Nachdem sich die Lufthansa schon geweigert hatte, Abdilahi auf einen ihrer Linienflüge nach Malta mitzunehmen, sprang die Fluggesellschaft "Air Malta" ein und erklärte sich bereit, ihn mitzunehmen.
Nachdem der "Bayerische Flüchtlingsrat" zunächst eine Faxkampagne an "Air Malta" gestartet hatte, begaben sich antifaschistische und antirassistische Aktivist_innen am Tag der geplanten Abschiebung zum Münchner Flughafen, um dort direkt vor Ort zu protestieren. Ca. 20 Aktivist_innen fanden sich am Check-In des Linienflugs ein und versuchten mittels Transparenten und Flugblättern die anderen Passagiere von "Air Malta" über die Situation Abdilahis und ihre Möglichkeiten, die Abschiebung zu verhindern, in Kenntnis zu setzen. Zeitgleich hielten Aktivist_innen vor der deutschen "Air Malta"-Niederlassung in Frankfurt am Main eine spontane Kundgebung ab und versuchten die Verantwortlichen zu überzeugen, den Abschiebeflug zu verhindern.
Kurz darauf wurde bekannt, dass sich einige Passagiere weigerten, den Flug anzutreten, wenn Abdilahi an Bord sein würde. Daraufhin erklärte "Air Malta", dass es Sicherheitsbedenken gäbe und sie den Flug von Abdilahi stornieren wollten. Die Bundespolizei ließ jedoch nicht locker und ließ über Durchsagen mitteilen, dass auf Grund der Buchungslage Passagieren, die ihren Platz in dem Flieger zur Verfügung stellen und einen Umweg fliegen würden, 250 Euro geboten würde. Damit versuchten sie Plätze für weitere Bundespolizist_innen zu schaffen, um die Sicherheitsbedenken von "Air Malta" zu beruhigen.
Die Bundespolizeidirektion München hat sich per E-mail Ende August an no-racism.net gewandt da sie Wert auf die Feststellung legt, dass es nicht zutrifft, dass die Bundespolizei per Durchsage nach zusätzlichen Plätzen für ihre Begleitmannschaft gesucht habe. Ein solches Verhalten gehöre auch nicht zu den Vorgehensweisen der Bundespolizei. Mit der Durchsage im Terminal, mit der potentiellen Passagieren des Air Malta-Fluges ein Geldbetrag angeboten worden sei, wenn sie ihren Platz zur Verfügung stellen, habe die Fluggesellschaft auf die Situation reagiert, dass der Flug überbucht war. Die Bundespolizei stehe mit dieser Durchsage in keinerlei Verbindung.
Auf Grund weiterer Androhungen von Fluggästen auf den Flug zu verzichten, wenn Abdilahi an Bord sei, lenkten "Air Malta" und die Bundespolizei schließlich ein und teilten – nachdem die Maschine bereits abgehoben hatte – mit, dass der Flug von Abdilahi storniert wurde. Mit der erneuten Verhinderung der Abschiebung war dann auch klar, dass die Abschiebung auch komplett vom Tisch war, da die Frist für einen Abschiebetermin mit dem 02.08.2011 verstrichen war.
Antirassistische Demonstration am Samstag
Nach diesem ersten Erfolg ging es am Samstag, den 06.08.2011 mit einer Demonstration im Münchner Flughafen weiter. Im Februar dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht nach Klage einer Anti-Abschiebeaktivistin entschieden, dass Demonstrationen in Flughäfen erlaubt sind. Die bisher üblichen Demonstrationsverbote an Flughäfen könnten nicht auf den
"Wunsch gestützt werden, eine Wohlfühlatmosphäre in einer reinen Welt des Konsums zu schaffen, die von politischen Diskussionen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen frei bleibt. Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf."
Daher hatte ein breites Bündnis aus verschiedenen linksradikalen, antifaschistischen und antirassistischen Gruppen zu einer Demonstration auf dem Gelände des Münchner Flughafens aufgerufen. Nachdem das Landratsamt Erding versuchte, die Demonstration mittels eines Verbotes auf die Fläche zwischen den beiden Terminals zu beschränken, wurde dagegen rechtlich vorgegangen: In einer Eilentscheidung hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde des Bayerischen Flüchtlingsrats stattgegeben und das generelle Verbot, in den Terminals des Münchner Flughafens zu demonstrieren, aufgehoben. Verbote von Demonstrationen in den Terminals würden
"eine gravierende Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit insofern dar[stellen], als sie eine unmittelbare Wahrnehmbarkeit der Versammlung insbesondere durch das Personal der Fluggesellschaften erschweren. Eine solche Wahrnehmbarkeit wäre aber zur Verwirklichung des Versammlungsziels, gegen die Mitwirkung der Fluggesellschaften an Abschiebungen zu protestieren, von grundlegender Bedeutung".
Somit war der Weg für eine Demonstration auf dem so genannten "MAC-Gelände" zwischen den Terminals und dem weitläufigen Terminal 2 frei.
Bei der Auftaktkundgebung wurde schnell klar, dass die Erwartungen der Veranstalter_innen noch übertroffen wurden: 200 Aktivist_innen und Flüchtlinge fanden sich ein. Die Kundgebung startete mit Redebeiträgen von Initiativen und Erlebnisberichten von Flüchtlingen. Am Rande der Kundgebung versuchten 2 Nazis aus dem Spektrum des "Aktionsbund Freising" Teilnehmer_innen der Demonstration abzufilmen, was aber durch Antifaschist_innen verhindert werden konnte. Im Laufe der Auseinandersetzung flüchteten die Nazis zur Einsatzleitung der Polizei und wurden aus dem Gelände eskortiert. Im weiteren Verlauf der Demonstration versuchten Zivilpolizist_innen immer wieder angeblich an der Auseinandersetzung beteiligte Personen in Gewahrsam zu nehmen und zu einer Gegenüberstellung mit den Nazis in einer nahegelegenen Polizeiwache zu bringen.
Die Demonstration setzte sich kurze Zeit später in Bewegung und lief auf den Galerien des Geländes entlang, um dann vor dem Eingang des Terminal 2 für eine Zwischenkundgebung zu stoppen. Nach einigen Musik- und Redebeiträgen ging die Demonstration weiter ins Terminal 2. Die Polizei versuchte zunächst auf Grund von "Sicherheitsbedenken" nur 30 Personen der Demonstration den Zutritt zu gewähren. Innerhalb des Terminals wurden neben dem Verteilen von Flyern auch improvisierte Theaterstücke, die Situationen von Abschiebungen darstellten, veranstaltet. Nach diesem Intermezzo kehrte die Demonstration auf das MAC-Gelände zurück und wurde nach einer Abschlusskundgebung mit weiteren Redebeiträgen beendet.
Artikel zuerst veröffentlicht am 07. Aug 2011 auf :: linksunten.indymedia.org.