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[ 20. May 2016 ]

Ausbeutung und Unterdrückung: Der Rassismus der 'Groß'-Parteien - Teil 1

Im Jahrestakt beschließen SPÖVP meist gemeinsam mit der FPÖ neue rassistische Gesetze. Denn nichts anderes sind Asyl- und Fremden(un)recht in Österreich und den restlichen EU-Staaten. SPÖVP erweisen sich damit als Wegbereiter_innen für die FPÖ, die mit Hetze versucht, die (Regierungs-) Macht zu erlangen.

 

Die restlichen Parteien beteiligen sich daran, denn auch sie sehen sich gerne in führenden Positionen und Ämtern.

Im folgenden der erste Teil einer Reihe von Beiträgen, die sich mit aktuellen politischen Entwicklungen in Österreich auseinander setzen. Teil 1 thematisiert Privilegien, Ausbeutung und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit. :: Teil 2 setzt sich mit Grenzen und Kontrollzuständen auseinander. :: Teil 3 behandelt die Auswirkungen von Rassismus auf die Gesellschaft. Ist der Rassismus der ehemaligen 'Groß'-Parteien wegbereitend für Faschismus?



Hetze und Gesetze


Die Hetze gegen geflüchtete Menschen und Migrant_innen ist nichts neues in Österreich. Seit mindestens 25 Jahren, nach dem Fall des sog. Eisernen Vorhanges, werden legale Wege der Migration nach Europa mehr und mehr eingeschränkt - begleitet und teilweise getrieben von rassistischer Stimmungsmache durch die Nachfolgepartei der Nazis.

Die Politik der Ausgrenzung und Abschottung hilft faschistoiden Parteien überall in Europa, salonfähig zu werden und bei Wahlen zunehmende Erfolge zu feiern. Es sind ihre plumpen Slogans und Parolen, die in Gesetze gegossen werden. In mehreren Ländern sind bzw. schafften sie es bis in die Regierung. Nicht vergessen ist die schwarzblau bis orangene Koalition zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Alpenrepublik. Sie zeichnete sich u.a. durch Korruption aus, deren Kosten die Bevölkerung noch Jahre zu spüren hat. Nicht, dass die (ehemaligen) Großparteien nicht in Korruption verwickelt sind, doch die FPÖ trieb es auf die Spitze, wie der Fall der Hypo Alpe Adria in Kärnten verdeutlicht, der das Bundesland fast in den Bankrott trieb.

Dinge, die das Wahlvolk gerne vergisst, wenn es erneut zu den Urnen getrieben wird. Doch welche Alternativen gibt es? Wer spricht sich klar und deutlich gegen die rassistische Politik aus? So haben die Grünen in Deutschland bewiesen, dass sie in der Lage sind, eine Law- and Order Politik zu gestalten. Und in Österreich? Nach klaren Stellungnahmen gegen Schubhaft und Abschiebungen ist vergeblich zu suchen, diese Instrumente zur Umsetzung von staatlichem Rassismus werden praktisch von allen Parteien akzeptiert. Mehrfache persönliche Gesräche mit Grünen Politiker_innen ließen keine Bereitschaft für die Aushebelung des institutionellen Rassismus erkennen. Humanitärer Vollzug, die Einhaltung von Menschenrechten, bla, bla, bla. Mehr ist nie gekommen. So wird über die Methoden zur Umsetzung der Maßnahmen diskutiert - "im Rahmen der Menschenrechte". Ob die Maßnahmen selbst, bei denen es zur Anwendung massiver Zwangsgewalt kommt, mit der Idee der Menschenrechte vereinbar sind, darüber wird kaum diskutiert. Wozu auch? Wenn Menschen jegliche Rechte entzogen werden, dann können sie Menschenrechte nicht für sich geltend machen. Dann kann letztendlich mit ihnen alles gemacht werden, über ihre Köpfe hinweg entschieden werden - und sollte es zu Widerstand kommen, dann droht noch massivere Gewalt. Zu viele :: Tote im Polizeigewahrsam und im Rahmen von Abschiebungen zeugen davon. Soviel zur angeblichen Einhaltung der Menschenrechte.


Einschränkung von (Bewegungs-)Freiheit


Ein kurzer Blick in die Kommentare auf den Internetseiten der Tageszeitungen genügt, um zu verdeutlichen, dass Asyl suchenden Menschen selbst die freie Wahl des Wohnortes verwehrt wird. Ein Beispiel? "Es geht nicht an, dass sich Asylanten aussuchen können wo sie gerne untergebracht werden wollen," hetzte Walter Pospischil am 3. Februar 2016 im Online-Kurier. Tagtäglich werden viele derartiger Aussagen in Kommentaren, Onlineforen und sozialen Netzwerken gepostet und die Einschränkung der Rechte und Grundfreiheiten Anderer gefordert. Die Beweggründe rassistischer Hetze? Die rassistische Einteilung der Menschen in Privilegierte und Unterdrückte soll legitimiert werden.

Damit wird der Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zur Floskel, denn dort heißt es: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren". Die Vereinten Nationen (UNO) und ihre Mitgliedstaaten haben sich zwar verpflichtet "auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken", doch gleichzeitig werden vielen Menschen grundlegende Rechte (wie jenes auf Aufenthalt bzw. Niederlassung) per se abgesprochen, indem sie zu "illegalen Einwander_innen" erklärt werden. So wird neben der Einschränkung der Bewegungsfreiheit auch die Inhaftierung allein aufgrund fehlender oder nicht (mehr) gültiger Papiere legitimiert. Ohne richterliche Entscheidung können Menschen über Monate, in manchen Fällen sogar über Jahre hinweg, eingesperrt und ihrer Freiheit beraubt werden. Dies geschieht sowohl in Schubhaft, Erstaufnahme- und Registrierungeszentren, die überall in Europa zu finden sind, oder den derzeit an den Rändern Europas errichteten "Hot-Spots", als auch in "Internierungslagern außerhalb der Schengengrenzen" oder "regionalen Schutzzonen" in oder rund um Krisengebiete.

Um die Maßnahmen besser vollziehen zu können, werden mehr und mehr Zäune hochgezogen, Kontrollen durchgeführt, beteiligen sich sowohl Polizei und Militär als auch zunehmend die lokale Bevölkerung an der groß angelegten Jagd auf Menschen, denen das Recht auf Mobilität abgesprochen wird.


Ausbeutung zum Wohle der privilegierten Bevölkerung


Diese Politik ist Teil der nach wie vor existierenden globalen Ausbeutung, des Kolonialismus, der nie wirklich beendet wurde. Die meisten der ehemaligen Kolonien, insbesondere in Afrika, befinden sich in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, die es ihnen schwer möglich macht, sich der kolonialen Ausbeutung zu entziehen. Dass die Regierungen und Diktator_innen in vielen der ehemaligen Kolonien dabei mitmischen, ist nichts neues - und wird von der EU und ihren Mitgliedsstaaten gefördert. Wird die rassistische europäische Abschottungspolitik akzeptiert und mitgetragen, bringt dies finanzielle Zuwendung. Teilweise als "Entwicklungshilfe" bzw. "-zusammenarbeit" bezeichnete Geldflüsse helfen meist nur dem Establishment, jedoch nicht der breiten Bevölkerung, die gezwungen ist, in Armut zu leben; oft ohne Perspektiven und Hoffnung. Und dass Menschen dieser Perspektivlosigkeit entfliehen, das wollen die Politiker_innen und Hetzer_innen in der EU nicht. Ihnen ist bewusst, dass dies Teil der kolonialen Ausbeutung ist und ihnen weiterhin den Reichtum auf Kosten anderer sichert. Es muss genügend Arme geben, damit die Wohlhabenden ihren Wohlstand genießen - und die Reichen noch reicher werden können. Eine der Maßnahmen, Menschen in Armut zu halten, ist ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken.

Während Menschen mit einem Pass der westlichen Länder privilegiert sind und fast überall hin reisen können - sofern sie es sich leisten können - wird einem großen Teil der Menschheit die Reisefreiheit verwehrt. Als Argument wird dann oft angeführt, dass Tourist_innen nicht vor haben, im 'fremden' Land zu bleiben. Doch was ist mit den Hotelanlagen, der ge- bzw. zerstörten Umwelt und Sozialstruktur? Diese bleiben bestehen und bieten zwar Jobs für die lokale Bevölkerung, doch die Bezahlung ist miserabel. Der Zugang zu Tourismuszonen und Stränden wird für die lokale Bevölkerung eingeschränkt - zum "Schutz" der privilegierten Urlauber_innen, wie es dann heißt. Hier stellt sich die Frage, wer muss vor wem beschützt werden? Gerechterweise sollten jene beschützt werden, denen es an vielem fehlt, sollten jene unterstützt werden, die wenig haben; oft zu wenig zum Leben. Die herrschende Logik sieht dies anders: Jene, die unterdrückt und ausgebeutet werden, sollen sich "ihrem Schicksal ergeben" und mit ihren Lebensbedingungen abfinden. Anstatt die Ausbeutung und Unterdrückung zu beenden und zu besseren Lebensbedingungen aller Menschen beizutragen, wird die Reisefreiheit von Menschen aus vielen Ländern - vor allem im globalen Süden - massiv eingeschränkt. Sie sollen "dort bleiben, wo sie herkommen", wie es der "Volksmund" formuliert, denn: "Es können ja nicht alle kommen!" Den Wunsch, nach einem besseren Leben zu streben, wird ihnen abgesprochen.



Weiter lesen im Artikel :: Grenzen und Kontrollzustände: Der Rassismus der 'Groß'-Parteien - Teil 2.