Erklärung der afghanischen Geflüchteten zum Wiener Refugee-Protestcamp vom 24.-28. August 2017.
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Als Antwort gegen die fortgesetzten Abschiebungen sind afghanische Geflüchtete in Österreich mit einer Protestkampagne an die Öffentlichkeit getreten. Auftakt war ein 4-tägiges Camp im Wiener Sigmund Freud Park vom 25. bis 28. August.
Wir afghanischen Geflüchteten möchten auf die lebensgefährliche Situation in Afghanistan aufmerksam machen und haben diesbezüglich folgende Forderungen an die österreichische Regierung:
1) Wir wollen einen SOFORTIGEN Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan.
Das Abkommen zwischen der Regierung Afghanistans und der EU müssen gestoppt werden - dieses ist eine völlige Missachtung grundlegender Menschenrechte. Afghanistan ist nicht sicher, das beweisen die täglichen Meldungen über Anschläge in den Medien. Wir fordern von der österreichischen Regierung, dass sie die zahlreichen offiziellen Berichte, wie von UNAMA oder Amnesty International ernstnimmt, sie den Anstieg der Todeszahlen durch Selbstmordattentate, Bombenexplosionen und gewalttätige Angriffe bei der Entscheidung über Asylanträge berücksichtigt und auf Grundlage dessen die Sicherheitslage in Afghanistan neu bewertet. Auch die UNHCR Richtlinien für Afghanistan unterstreichen, dass in Afghanistan keine Region - und hiermit auch keine Großstadt - auf Grund der prekären Sicherheitslage und ihrer stetigen Verschlechterung als sicher gelten kann.
2) Keine Entscheidungen mehr auf Grundlage von einseitigen Expertisen.
Die Österreichischen Behörden verleihen einzelnen Gutachten über die Situation in Afghanistan mehr Gewicht, als denen von renommierten internationalen Organisationen und ExpertInnen. Daher werden Asylanträge afghanischer Geflüchteter oft auf Grundlage von veralteten oder beschönigenden Informationen abgelehnt und die Geflüchteten erneut der Gefahr ausgeliefert. Das von uns kritisierte Gutachten Mahringers geht von einer sicheren Rückkehr für afghanische Geflüchtete in die Großstädte - besonders nach Kabul - aus. Die Realität ist aber eine andere. Zahlreiche Anschläge, staatliche Korruption, sowie landesweite Verfolgung durch Aufständische, machen ein Überleben in Kabul für abgeschobene Geflüchtete unmöglich. Unterkunft, Infrastruktur und Arbeit, aber besonders Sicherheit oder der Rückgriff auf soziale Netzwerke als Unterstützung, sind nicht vorhanden. Die Gefahr von Anschlägen und die Drohungen durch die Taliban und die ISIS, die in Afghanistan herrschen - und die auf dem Parkett der internationalen Politik gefürchtet und viel diskutiert werden - sind real und machen das Leben in Afghanistan zu einen Überlebenskampf. Die meisten Abschiebungen von Österreich nach Afghanistan werden auf der Grundlage falscher beziehungsweise inaktueller Informationen vollzogen.
3) Wir fordern faire Asylverfahren,
die von kompetenten, unabhängigen und unvoreingenommenen DolmetscherInnen begleitet werden, sowie Zugang zu ausreichend qualifizierter Rechtsberatung und verständlicher rechtlichen Information von Beginn an bis zum Ende unserer Asylverfahren. Zudem wünschen wir uns gleichberechtigten Zugang zu Integration und hiermit zu den öffentlichen Schulen - auch für geflüchtete Jugendliche, die das fünfzehnte Lebensjahr bereits erreicht haben. Wir fordern die Anerkennung afghanischer Geflüchteter in Österreich ohne Diskriminierung.
Eine Analyse und genauen Bericht unserer Forderungen (auf englisch) findet sich unter :: no-racism.net/article/5236.
Wir setzen unseren Protest fort, bis die Abschiebungen gestoppt werden!
Rückfragehinweis:
Afghanischen Geflüchteten beim Wiener Refugee-Protestcamp 2017
refugees.wien (at) gmail.com